Gemäss russischen Angaben haben sich Putin und Biden auf die Verlängerung des «New Start»-Deals geeinigt. Doch das Misstrauen zwischen den Staaten bleibt gross.
Joe Biden und Wladimir Putin / livia leu agosti
ARCHIV - 10.03.2011, Russland, Moskau: Der damalige US-Vizepräsident Joe Biden (l) gibt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin die Hand. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der «New Start»-Deal wird kurz vor Vertragsende um weitere fünf Jahre verlängert.
  • Es ist das letzte noch bestehende Rüstungskontrollabkommen zwischen den USA und Russland.
  • Trotz dieser Einigung kann von einer Entspannung der Verhältnisse keine Rede sein.

Kurz vor Ende der Vertragszeit haben sich Russland und die USA doch noch auf eine Verlängerung des Abrüstungsabkommens «New Start» geeinigt. Der Vertrag werde um fünf Jahre ohne irgendwelche Zusätze verlängert, sagte Vize-Aussenminister Sergej Rjabkow der Agentur Interfax zufolge am Mittwoch.

Darauf hätten sich Wladimir Putin und Joe Biden gemäss Kreml-Angaben in einem Telefonat am Dienstag geeinigt. Der «New Start»-Deal wäre sonst am 5. Februar nach zehn Jahren ausgelaufen.

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Wladimir Putin, Präsident von Russland, spricht am Telefon. (Archivbild) - dpa

Das dürfte die internationale Gemeinschaft beruhigen: Es ist das letzte noch bestehende grosse atomare Abrüstungsabkommen zwischen den USA und Russland. Dieses begrenzt die Nukleararsenale der beiden Staaten auf je 800 Trägersysteme und 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe.

Immer weniger Abrüstungskontrollen zwischen USA und Russland

Im Falle einer Nichtverlängerung hätte es erstmals seit Jahrzehnten kein Abkommen mehr gegeben, das dem Bestand an strategischen Atomwaffen Grenzen setzt. Einem Wettrüsten der beiden Staaten wäre also nichts mehr im Weg gestanden. Russland und die USA besitzen zusammen rund 90 Prozent der weltweiten Atomwaffen.

Eine Einigung auf einen neuen Vertrag oder eine Verlängerung schienen unter Trumps Regierung undenkbar. Unter Bidens Vorgänger reduzierten die USA in den letzten Jahren die Zahl der Abkommen mit Russland. Sie stiegen aus dem INF-Vertrag über die atomare Abrüstung im Mittelstreckenbereich aus. Auch kündigten sie den Vertrag «Open Skies» über Rüstungskontrolle aus der Luft auf.

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Donald Trump und Wladimir Putin bei einem Treffen am G20-Gipfel in Osaka am 28. Juni 2019. - keystone

Bei den «New Start»-Verhandlungen hatte Trump darauf gepocht, das «Einfrieren» der Zahl aller nuklearen Sprengköpfe der beiden Länder in den Vertrag aufzunehmen. Der aktuelle Deal begrenzt «lediglich» die Zahl der einsatzbereiten Atomsprengköpfe. Zudem hatte die Trump-Regierung eine Beteiligung Chinas am Abkommen gefordert. Doch Peking ist nicht daran interessiert, über sein wachsendes Atomwaffenarsenal zu verhandeln.

Grundlage für neue Rüstungskontrollabkommen

Biden sieht im «New Start»-Vertrag einen «Anker der strategischen Stabilität» zwischen den beiden Staaten. Eine Verlängerung des Deals könne eine Grundlage für neue Abkommen zur Rüstungskontrolle sein.

ARCHIV - Russische RS-24 «Jars» Interkontinentalraketen werden während der Militärparade zum 75. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Hitler-Deutschland auf den Roten Platz gefahren. Ru
ARCHIV - Russische RS-24 «Jars» Interkontinentalraketen werden während der Militärparade zum 75. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Hitler-Deutschland auf den Roten Platz gefahren. Ru - sda - Keystone/AP/Alexander Zemlianichenko

Die Einigung auf eine Vertragsverlängerung des «New Starts» gibt den beiden Seiten jedenfalls genügend Zeit für weitere Abrüstungsverhandlungen, ob mit oder ohne Einbezug Chinas.

Viele Hürden stehen einer Verbesserung der Beziehungen im Weg

Doch bis dahin bleibt das Misstrauen zwischen den USA und Russland gross. Grund dafür sind etwa die Krim-Annexion Russlands oder der Vorwurf der russischen Einmischung in die US-Wahlen. Die Beziehung zu Russland und der Umgang mit Putin gehören zu den wichtigsten Punkten von Bidens aussenpolitischer Agenda.

Biden hatte seinem Vorgänger vorgeworfen, «zu schwach» gegenüber Russland agiert zu haben und Trump etwa als «Schosshund Putins» bezeichnet. Gemäss Regierungsmitarbeitern möchte Biden gegenüber Putin eine härtere Linie einnehmen. Neue Sanktionen für Russland seien sogar denkbar.

Trotz der diplomatischen Beziehung «können wir Russland deutlich machen, dass wir über ihr Verhalten sehr besorgt sind. Ob es nun um Nawalny, die Cyber-Attacke oder um Berichte über russische Kopfgelder auf US-Amerikaner in Afghanistan geht», sagte Biden am Montag.

Er habe die entsprechenden Behörden gebeten, ihn in all diesen Punkten auf den neuesten Stand zu bringen. «Und ich werde nicht zögern, diese Angelegenheiten gegenüber den Russen anzusprechen.» Einem Communiqué aus Washington ist zu entnehmen, dass der US-Präsident im ersten Telefonat mit Putin ebendiese und weitere Punkte angesprochen habe.

Allein die von Biden angesprochenen Angelegenheiten zeigen auf, welche Hürden einer Verbesserung der Beziehungen zwischen den USA und Russland im Wege stehen.

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