So lief das Gespräch zwischen Keller-Sutter und Trump wirklich ab
Neue Berichte geben Aufschluss über den Telefonats-Verlauf zwischen Donald Trump und Karin Keller-Sutter.

Das Wichtigste in Kürze
- Am 31. Juli telefonierte Karin Keller-Sutter mit Donald Trump.
- Das Gespräch gilt als katastrophal und hat zu 39-prozentigen Zöllen geführt.
- Neue Berichte geben Aufschluss darüber, was genau passiert ist.
Das Ziel war ein Zollsatz von 10 Prozent – geendet sind wir mit 39: Das Telefonat zwischen Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und US-Präsident Donald Trump am 31. Juli war ein Desaster für die Schweiz.
Wenig später dann harsche Vorwürfe von Trump: «Sie wollte nicht zuhören», erklärte er im Fernsehen. Aus seinem Umfeld heisst es, er habe Keller-Sutter als «oberlehrerhaft» wahrgenommen.
Die Bundespräsidentin musste sich infolge viele Vorwürfe anhören. Sie habe den Zoll-Deal vermasselt.
Doch neue Recherchen zeigen, dass gar nicht sie es war, die belehrend reagierte.
Telefonat wurde von USA initiiert
«CH Media» will aus verlässlicher Quelle wissen, wie das Gespräch abgelaufen war.
So wurde das Telefonat anders als bisher berichtet nicht von der Schweiz initiiert. Stattdessen war es vom US-Finanzdepartement empfohlen worden.
Der Kontakt bestand ausserdem vorerst mit Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Weil Donald Trump jedoch nur mit Landesoberhäuptern sprechen will, wurde dann das Telefonat von Karin Keller-Sutter durchgeführt.
Die plötzliche Wendung
Geplant war der Austausch für 20.00 Uhr am 31. Juli. Tatsächlich gestartet hatte er rund zehn Minuten später. Trump nahm vorerst das Telefon nicht ab.
Das Gespräch beginnt locker, berichtet «CH Media»: Keller-Sutter bedankt sich bei Trump für seine Glückwünsche zum Nationalfeiertag. Trump seinerseits gab sich beeindruckt, dass die Schweiz bereits seit 1291 besteht.
Dann fragt der US-Präsident unvermittelt: «Warum rufen Sie an?»
Ob er tatsächlich nicht von seinem Finanzdepartement über die Gesprächsinhalte in Kenntnis gesetzt wurde, lässt sich nicht sagen.
«Die sind mir egal»
Karin Keller-Sutter spricht die Absichtserklärung an, die zwischen der Schweiz und der USA ausgehandelt wurde. Sie dankt für die Zusammenarbeit mit den Handelsbeauftragten der USA in diesem Unterfangen.
«Gerne möchte ich wissen, was Ihre Haltung dazu ist», fragt Keller-Sutter den US-Präsidenten.

«Die sind mir egal», antwortet Trump allerdings nur in Bezug auf seine Angestellten. Stattdessen betont er, dass derzeit ein Handelsdefizit von 40 Milliarden zwischen den beiden Ländern herrsche.
Dieses müsse mit entsprechend hohen Zöllen ausgeglichen werden, findet Trump.
Keller-Sutter erklärt Exportraten
Keller-Sutter versucht zu beschwichtigen: Die Vereinbarung behandle genau diesen Punkt.
Sie erklärt auch, dass die Schweiz als kleines Land eine höhere Exportrate habe.
Und sie betont: Die Markt-Bedingungen seien in der Schweiz für US-Unternehmen äusserst gut.
Doch damit stösst sie auf taube Ohren: «Es geht nur um das Defizit in der Handelsbilanz», sagt Trump.
Trump wirft «Diebstahl» vor
Er belehrt Keller-Sutter, dass ein Handlungsdefizit einen Verlust darstelle.
Heisst nach Trumps Logik: Da die Schweiz weniger aus den USA importiert als andersrum, «verliere» die USA jährlich 40 Milliarden Dollar an die Schweiz.
Das sei unzumutbar, denn die Schweiz sei ein reiches Land. Der US-Präsident nennt das Handelsdefizit einen «Diebstahl».

Trump findet: «Die Schweiz profitiert von den USA und hat keinen Respekt für uns.»
Der US-Präsident kommt schliesslich zum Schluss, dass 30 bis 35 Prozent Zölle angemessen seien.
Missverständnis über Gold
Keller-Sutters nächster Versuch, das Gespräch zu retten, scheitert ebenfalls kläglich.
Die Bundespräsidentin weist darauf hin, dass der Handel mit Gold die Bilanz verfälsche.
Doch Trump will sie wohl nicht richtig verstehen. Er entgegnet: «Auch mit Gold verdient ihr also noch Geld!»
«Was zahlen Sie mir?»
Dann kommt der Republikaner mit einer stillen Aufforderung. Er behauptet, von der EU 600 Milliarden Dollar bezahlt zu bekommen.
Das stimmt so eigentlich nicht: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte Trump lediglich versprochen, dass EU-Unternehmen zukünftig so viel in den USA investieren könnten.
Trotzdem erläutert Trump: «Die zahlen mir 600 Milliarden, was zahlen Sie mir?»

Keller-Sutter entgegnet mit dem Vorschlag: «Die Schweizer Unternehmen werden mindestens 150, eventuell sogar 200 Milliarden investieren.»
Doch scheinbar bleibt eine Beschwichtigung aus.
Keller-Sutter beendet das Telefonat
Spätestens zu diesem Zeitpunkt scheint Keller-Sutter klar zu werden, dass eine Fortsetzung des Telefonats kaum noch Erfolge bescheren wird. Sie schlägt vor, die Vereinbarung nochmals zu überarbeiten.
Donald Trump geht laut «CH Media» nicht darauf ein. Er wiederholt stattdessen nochmals, was er bereits gesagt hatte.
Es ist Keller-Sutter, die dem Telefonat dann ein Ende setzt. Sie müsse jetzt gehen, sagt sie.
Vor dem Aufhängen schafft sie es lediglich noch, Trump davon zu überzeugen, die neuen Zölle nicht am Nationalfeiertag der Schweiz zu starten.
Aus dem Telefonat entstanden sind bekanntlich dann 39 Prozent Zölle – auch wenn von dieser Zahl im Gespräch nie die Rede war.