Eine Pflegefachfrau spricht mit Nau.ch über ihren Arbeitsalltag. Mit der Pflegeinitiative soll der Beruf endlich wieder attraktiver gemacht werden.
Die diplomierte Pflegefachfrau Liridona Dizdari spricht über ihren Arbeitsalltag. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Am 28. November wird über die Pflegeinitiative abgestimmt.
  • Mit ihr sollen die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessert werden.
  • Eine Pflegefachkraft spricht von den Herausforderungen in ihrem Arbeitsalltag.
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März 2020: In der ganzen Schweiz wird für das Pflegepersonal applaudiert. Seit Wochen leistet das Personal in den Spitälern unzählige Überstunden. Grund dafür ist die hohe Auslastung mitten in der Corona-Krisenzeit.

Danach werden vermehrt Stimmen laut, die bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege fordern. Was hat sich seither getan? «Gar nichts», sagt Liridona Dizdari, die als Stationsleiterin in einer Rehabilitationseinrichtung arbeitet.

Pflege corona
Seit dem Applaus fürs Pflegepersonal habe sich nichts getan, sagt Liridona Dizdari. - Keystone

Die ausgebliebenen Handlungen seien extrem enttäuschend und frustrierend. «Es stimmt uns Pflegende traurig, dass seither nichts passiert ist», fasst Dizdari die Gemütslage ihrer Kollegen zusammen.

Viele Pflegefachkräfte steigen frühzeitig aus

Die diplomierte Pflegefachfrau hat ihre Ausbildung 2015 abgeschlossen. Obwohl sie ihren Beruf liebe und sich nichts anderes vorstellen könne, sieht sie auch die Schattenseiten: «In schwierigen Situation habe ich es mir auch schon überlegt, der Pflege den Rücken zuzuwenden.»

Pflegeinitiative
Pflegeinitiative: Liridona Dizdari (links) ist diplomierte Pflegefachfrau. - Keystone

Damit wäre Dizdari nicht die einzige. «Ich kenne zwei Personen, die bereits ausgestiegen sind und drei weitere, die es sich ernsthaft am überlegen sind.» Wenn sich in Zukunft nichts ändert, würden bald noch mehr dazukommen, ist sie überzeugt.

Das grösste Problem sieht Dizdari darin, dass Patienten nicht immer optimal versorgt werden können. «Wenn mich ein anderer Patient gebraucht hätte, währenddessen ich bei einem anderen Patienten war, ist das sehr belastend.»

Vier Patienten, eine Pflegefachfrau

Sie habe schon viele prekäre Situationen erlebt: «Einmal hatten zwei Patienten gleichzeitig Atemnot, ein Dritter lag im eigenen Urin und ein Vierter hatte einen blutenden Wundverband. Sie mussten alle von mir versorgt werden», sagt Dizdari.

Obwohl sie in ihrer Ausbildung gelernt habe, wie mit solchen Situationen umgegangen werden muss, sei es schwer zu handhaben. «Man weiss, dass sich ein Patient bei Atemnot in einem Angstzustand befindet und sofort Hilfe benötigt», erklärt Dizdari.

Pflege
Über die Pflegeinitiative wird am 28. November abgestimmt. - Nau.ch

Deshalb hofft die Pflegerin auf eine Annahme der Pflegeinitiative. Nur so könne die Patientensicherheit weiterhin gewährleistet werden.

Pflegeinitiative: Indirekter Gegenvorschlag keine Option

Bei einem Nein zur Initiative würde automatisch der indirekte Gegenvorschlag des Parlaments zum Zuge kommen. Dieser fokussiert sich auf eine Ausbildungsoffensive in der Pflege. Die Arbeitsbedingungen wären hingegen nicht Teil des Massnahmenpakets.

Genau da sieht Dizdari aber das Problem: «Die angehenden Pflegefachkräfte müssen ausgebildet werden und brauchen im Arbeitsalltag Begleitung. Dafür fehlt uns aber die Zeit», erklärt sie.

Wie stimmen Sie bei der Pflegeinitiative?

Dies könne dazu führen, dass die Lernenden und Studierenden früh wieder aus dem Beruf aussteigen. «Dann bringt das investierte Geld nichts», sagt Dizdari. Deshalb brauche es die Pflegeinitiative, die auch Massnahmen für ausgebildetes Personal vorsieht.

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