Pflege-Initiative: Verbände kritisieren 2. Etappe der Umsetzung
Der Bundesrat will mit einem neuen Gesetz die Pflege-Initiative umsetzen. Es soll die Arbeitsbedingungen der Pflegenden verbessern.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat hat über die 2. Etappe der Umsetzung der Pflege-Initiative entschieden.
- Mit einem neuen Gesetz sollen die Arbeitsbedingungen verbessert werden.
- Doch den Verbänden fehlt ein wichtiges Element: die Finanzierung.
Eine kürzere Höchstarbeitszeit pro Woche, besser vorhersehbare Dienste und Verhandlungen über Gesamtarbeitsverträge: Über die Vorschriften, mit denen der Bundesrat die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern will, kann nun das Parlament entscheiden. Doch bei den Pflegenden selbst herrscht keine Begeisterung.
Zweite Etappe der Umsetzung der Pflege-Initiative
Geplant ist ein neues Gesetz, das mit Regelungen in zehn Bereichen die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern soll. Das soll in erster Linie verhindern, dass ausgebildete Pflegefachleute abspringen. Daneben schlägt er Anpassungen im Gesundheitsberufegesetz vor.

Diese Vorlagen sind die zweite Etappe der Umsetzung der im November 2021 vom Stimmvolk angenommenen Pflege-Initiative. Die erste Etappe der Umsetzung, die Förderung der Ausbildung von Pflegefachleuten, ist seit Mitte 2024 in Kraft.
Kürzere Arbeitszeiten und 50 Prozent Sonntagszuschlag
Das neue Bundesgesetz über die Arbeitsbedingungen in der Pflege legt fest, dass Dienstpläne mindestens vier Wochen im Voraus feststehen müssen. Es räumt aber auch kurzfristige Anpassungen ein. Diese müssen indessen je nachdem zeitlich oder finanziell kompensiert werden.
Eine Reduktion der wöchentlichen Höchstarbeitszeit um fünf auf 45 Stunden sowie eine Normarbeitszeit von 40 bis 42 Stunden: So soll die Gesundheit des Personals besser geschützt werden.
Überzeiten sind gemäss der bundesrätlichen Vorlage prinzipiell durch Freizeit zu kompensieren. Ist das unmöglich, gilt ein Lohnzuschlag von minimal 25 Prozent. Dienst an Sonn- und Feiertagen müssen die Arbeitgeber mit Freizeit und einem Zuschlag von 50 Prozent abgelten.

Zusätzlich verlangt der Bundesrat von den Sozialpartnern Gespräche zur weiteren Verbesserung der Arbeitsverhältnisse und über Gesamtarbeitsverträge. Dabei können sie von den Vorgaben des neuen Gesetzes abweichen. Sie müssen aber zwingende Bestimmungen des Arbeitsgesetzes, des Obligationenrechts, kantonaler Personalvorgaben und weitere sozialrechtliche Bestimmungen einhalten.
Höhere Berufsqualifikation
Mit der Revision des Gesundheitsberufegesetzes definiert der Bundesrat den Beruf der Pflegeexpertin oder des Pflegeexperten in Advanced Practice Nursing.
Diese hoch qualifizierten Fachleute können demnach in der Grundversorgung Aufgaben übernehmen, welche die Pflegeteams und auch die Ärztinnen und Ärzte entlasten. Aufgrund der hohen Anforderungen soll ein Mastergrad in Advanced Practice Nursing Voraussetzung zur Berufsausübung als Pflegeexpertin oder -experte sein.
Knausriger Bundesrat: Unzufriedene Verbände und Parteien
Nicht zufrieden mit den bundesrätlichen Vorschlägen zeigte sich die Arbeitnehmerseite. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB), Travail.Suisse, der Berufsverband des Pflegefachpersonals (SBK) sowie die Gewerkschaften VPOD, Unia, Syna und SCIV üben Kritik. Die Umsetzung bleibe komplett in den Händen des Bundesrats, «der dafür keinen einzigen zusätzlichen Franken vorsieht».

So warnt SBK- Präsidentin Sophie Ley: «Dass für die Verbesserungen der Pflegequalität keine Finanzierungslösungen vorgeschlagen werden, macht das Gesetz für die Pflegenden zusätzlich zahnlos. Der Bundesrat spart auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten und auf Kosten der Pflegenden bei der Pflegequalität.» Mit einer solchen Lösung sei es unmöglich, die Berufsverweildauer zu erhöhen, so Ley.
Auch der SP fehlen zusätzliche finanzielle Mittel. Zudem reicht ihr die Pflicht zu Verhandlungen über Gesamtarbeitsverträge nicht. Es brauche klare Vorgaben, die nicht unterschritten werden dürften, schreibt die Partei. Die Grünen reagierten mit der Bemerkung, die Vorlage sei «an Knausrigkeit nicht zu überbieten».