Bei einem Kriminalfall dürfen Ermittlungsbehörden künftig mehr Informationen aus DNA-Spuren eines mutmasslichen Täters herauslesen. Aber nur in Einzelfällen.
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Darstellung von DNA-Strängen. - Pixabay
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bei Kriminalfällen soll der Zugang zu DNA-Informationen ermöglicht werden.
  • Dies aber nur bei einzelnen Delikten, wie das Parlament mitteilt.
  • Nach der Bereinigung ist die Vorlage nun bereit für die Abstimmung.

Bei einem Kriminalfall dürfen Ermittlungsbehörden künftig mehr Informationen aus DNA-Spuren eines mutmasslichen Täters herauslesen. Die sogenannte Phänotypisierungsmethode wird aber nur bei bestimmten Delikten zur Anwendung kommen. Das hat das Parlament entschieden.

Geschlecht und Alter bestimmen

Der Ständerat bereinigte am Mittwoch die letzte Differenz im DNA-Profil-Gesetz. Die Vorlage ist damit bereit für die Schlussabstimmung.

Bei der Phänotypisierung geht es darum, beispielsweise aus Haaren, die der Täter hinterlässt, ein Täterprofil zu erstellen. Neu dürfen dabei auch äussere Merkmale wie die Augenfarbe, das Alter oder die biogeografische Herkunft bestimmt werden.

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Nasenabstriche bei Corona könnten laut einer Studie weniger aussagen als Speichelproben. (Symbolbild) - sda - KEYSTONE/EPA DPA/STEPHAN JANSEN

Mit der Änderung des entsprechenden Gesetzes wird auch die Suche nach einem sogenannten Verwandtschaftsbezug auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Meldet die DNA-Datenbank beim Abgleich keinen Treffer und sind alle Ermittlungen ergebnislos geblieben, ist ein solcher Suchlauf eine Option.

Ergibt sich in der Datenbank eine Übereinstimmung, wird im Kreis der Verwandten nach dem Spurenleger gesucht. Dieser Suchlauf ist ebenfalls nur für die Aufklärung von Verbrechen zulässig und wird durch die Staatsanwaltschaft angeordnet.

Keinen expliziter Deliktskatalog

Über die Kernpunkte waren sich die Räte bereits zu Beginn der Wintersession einig geworden. Der Nationalrat stimmte damals dem vom Ständerat vorgeschlagenen Deliktskatalog zu. Demnach ist die Phänotypisierung nur bei vorsätzlicher Tötung, Mord und Totschlag, schwerer Körperverletzung erlaubt. Hinzu kommen Verstümmelung weiblicher Genitalien, sexuelle Handlungen mit Minderjährigen, Vergewaltigung, Schändung Raub, Geiselnahme und Verbrechen.

Der Bundesrat hatte in seinem Gesetzesentwurf keinen expliziten Deliktskatalog vorgesehen. Justizministerin Karin Keller-Sutter betonte aber, dass der Bundesrat mit der nun gefundenen Lösung einverstanden sei.

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Die Bundesrätin Karin Keller-Sutter. - Keystone

Zuletzt offen war die Frage, wie mit den DNA-Profilen bei Freispruch, Einstellung oder Nichtanhandnahme umgegangen werden soll. Der Ständerat hatte sich zunächst dafür ausgesprochen, dass die DNA-Profile nur mit Entscheid eines Gerichtes aufbewahrt und verwendet werden dürfen. Nur, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen erwartet wird, dass das DNA-Profil zur Aufklärung künftiger Straftaten dienen könnte.

Der Nationalrat war aber der Meinung, dass nicht die Gerichte, sondern die Verfahrensleitung darüber bestimmen soll. Schliesslich lenkte der Ständerat ein und folgte dem Beschluss der grossen Kammer.

Vergewaltigung in Emmen LU als Anstoss

Künftig dürfen DNA-Profile also mit Zustimmung der Verfahrensleitung während höchstens zehn Jahren seit Rechtskraft der Entscheide aufbewahrt und verwendet werden.

Das Parlament beschloss weiter, dass im Falle eines Suizids kein DNA-Profil der toten Person erstellt werden darf. Der Nationalrat hatte diesen Zusatz ursprünglich gefordert, der Ständerat strich ihn jedoch wieder.

Albert Vitali
Der mitlerweile verstorbene Nationalrat Albert Vitali (FDP/LU) reichte den Vorstoss ein. - Keystone

Die Gesetzesbestimmungen verlangt hatten die Räte mit einer Motion des 2020 verstorbenen Nationalrates Albert Vitali (FDP/LU). Vitali hatte den Vorstoss nach der Vergewaltigung einer jungen Frau in Emmen LU im Juli 2015 eingereicht. Im Rahmen der Ermittlungen wurde eine Massen-DNA-Probe bei über 370 Männern durchgeführt.

Am Tatort wurde die mutmassliche DNA des Täters sichergestellt, doch die Ermittler durften nicht auf die vollständigen genetischen Informationen zugreifen. Die Frau, die beim Überfall vom Velo gerissen wurde, erlitt schwerste Verletzungen.

In den Niederlanden wird die Phänotypisierung bereits seit 2003 angewandt.

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