Am Donnerstag hat der Nationalrat einer Abschreibung der Motion zu IS-Terroristen zugestimmt. Er keine Sonderregeln mehr zur Ausschaffung einführen.
Islamischer Staat
Die Schaffhauser Staatsanwaltschaft prüft die Verbindungen der beiden Jugendlichen zur IS-Terrormiliz. (Symbolbild). - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Nationalrat hat der Abschaffung der Motion von Fabio Regazzi zugestimmt.
  • Die Motion verletze das Non-Refoulement-Prinzip, heisst es.
  • Regazzi forderte die Aussschaffung verurteilter IS-Terroristen in ihre Herkunftsländer.
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Der Nationalrat verlangt keine Sonderregeln mehr für die Ausschaffung von Personen, die wegen Verbrechen der IS-Terrormiliz verurteilt worden sind. Er hat am Donnerstag der Abschreibung einer Motion von Fabio Regazzi (Mitte/TI) zugestimmt. Die grosse Kammer fällte ihren Entscheid mit 103 zu 69 Stimmen bei vier Enthaltungen. Die Nein-Stimmen kamen aus den Reihen von SVP und Mitte.

Regazzi forderte die Ausweisung verurteilter IS-Terroristinnen und -Terroristen in ihre Herkunftsländer. Unabhängig davon, ob diese Länder als «unsichere Staaten» gelten. Der Nationalrat hatte dem Vorstoss im Jahr 2018 zugestimmt, der Ständerat im Jahr darauf.

Non-Refoulement-Prinzip

In einem im vergangenen Mai verabschiedeten Bericht kam der Bundesrat jedoch zum Schluss, es sei rechtlich unmöglich, den Vorstoss umzusetzen. Eine Umsetzung würde aus Sicht der Landesregierung das Non-Refoulement-Prinzip verletzen. Dieses verbietet die Rückführung von Personen in Staaten, in denen ihnen Folter oder eine andere grausame Behandlung drohen. Es ist Teil des zwingenden Völkerrechts.

Die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission des Nationalrat (SPK-N) war mit dem Bundesrat einer Meinung. Ein Rechtsstaat müsse auch seine Feinde rechtskonform und im Einklang mit seinen Werten behandeln, argumentierte sie.

Die Schweiz lehne Folter und die Todesstrafe ab, sagte Delphine Klopenstein-Broggini (Grüne/GE). Eine Umsetzung würde dieser Haltung widersprechen und käme einer Auslagerung dieser Praktiken gleich. Dies würde auch Massnahmen gegen die Schweiz auf internationaler Ebene nach sich ziehen. Da das Non-Refoulement-Prinzip in zahlreichen internationalen Konventionen verankert sei.

Eine Minderheit ist dagegen

Eine Minderheit der Kommission stellte sich gegen die Abschreibung. Dies, obwohl sie die Einhaltung des Non-Refoulement-Prinzips nicht infrage stellte, wie Minderheitssprecher Gregor Rutz (SVP/ZH) betonte.

Nationalrat Gregor Rutz
Nationalrat Gregor Rutz, SVP-ZH. - Keystone

Die öffentliche Sicherheit stehe über der Sicherheit der verurteilten Einzelpersonen, sagte er. Es müsse verhindert werden, dass die Schweiz Personen Zuflucht gewähre, die weder Menschenleben noch den Rechtsstaat respektierten. Rutz argumentierte, die Genfer Flüchtlingskonvention biete in diesem Zusammenhang durchaus Spielraum.

Justizministerin Karin Keller-Sutter widersprach, die Europäische Menschenrechtskonvention enthalte anders als die Flüchtlingskonvention ein menschenrechtliches Rückschiebungsverbot, das ohne Ausnahmen gelte. Dieses habe sich durch die Rechtsprechung entwickelt.

Verständnis für das Anliegen der Minderheit

Nach Aussage der Bundesrätin stellt sich das Problem derzeit bei fünf Personen. Keller-Sutter äusserte jedoch Verständnis für das Anliegen der Minderheit. Man prüfe immer auch eine Wegweisung in einen Drittstaat.

Zudem versuche man von Herkunftsländern Verurteilter diplomatisch Zusicherungen zu erhalten, dass diese die Menschenrechte respektierten. In der Praxis sei dieser Weg aber schwierig, da eine Kontrolle schwierig sei.

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