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Nationalrat diskutiert über Lockerung der Waffenexportregeln

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Bern,

Der Nationalrat diskutiert heute Dienstag nun über eine Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes.

Ein Teilnehmer des Ostermarsches hält ein Plakat mit der durchkreuzten Aufschrift «Waffenexporte» hoch. Foto: picture alliance / dpa
Ein Teilnehmer des Ostermarsches hält ein Plakat mit der durchkreuzten Aufschrift «Waffenexporte» hoch. Foto: picture alliance / dpa - dpa-infocom GmbH

Die Schweizer Rüstungsindustrie hat mit dem Geschäft im Ausland zu kämpfen. Ein Grund dafür sind vergleichsweise strenge Waffenexportregeln. Der Nationalrat diskutiert heute Dienstag nun über eine Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes.

WIE IST DIE AKTUELLE SITUATION?

Heute ist es verboten, Schweizer Kriegsmaterial in Länder zu exportieren, die in interne oder internationale Konflikte verwickelt sind. Seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine ist die Schweizer Rüstungsindustrie wegen ihrer strengen Exportregeln unattraktiv und deswegen unter Druck. Die Politik ringt seit Jahren um eine mehrheitsfähige Lösung, um die Regeln im Kriegsmaterialgesetz zu lockern. Darüber hinaus gibt es Diskussionen um die Wiederausfuhr von Schweizer Waffen. Angestossen wurden diese durch Gesuche von EU-Staaten, die im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine Schweizer Rüstungsgüter weiterreichen wollten.

WAS WILL DER BUNDESRAT?

Schweizer Rüstungsunternehmen sollen beim Export von Kriegsmaterial künftig weniger strenge Regeln befolgen müssen. Der Bundesrat hat beantragt, was die Räte mit einer Motion verlangten. Demnach soll die Landesregierung die Kompetenz erhalten, in ausserordentlichen Umständen und zur Wahrung der Interessen der Schweiz von den Bewilligungskriterien für Rüstungsgeschäfte ins Ausland abzuweichen. Von der sogenannten Abweichungskompetenz Gebrauch machen will der Bundesrat vor allem gegenüber Ländern, mit denen die Schweiz viel Handel mit Kriegsmaterial betreibt.

WIE KOMMT DIESER VORSCHLAG AN?

Grundsätzlich gut. Der Ständerat unterstützte die entsprechenden Anpassungen des Kriegsmaterialgesetzes. Die Regeln sollen aber noch stärker gelockert werden. Die kleine Kammer will eine generelle Ausnahme für Länder mit ähnlichem Exportregime wie die Schweiz. Konkret sollen Ausfuhren in kriegsführende Nato-Staaten grundsätzlich möglich sein. Neu sollen Länder auch das erhaltene Kriegsmaterial ohne Zustimmung der Schweiz an ein anderes Land weitergeben können.

WAS PASSIERT HEUTE?

Am Dienstagvormittag befasst sich der Nationalrat mit der Vorlage. Dessen zuständige Kommission hat den Takt vorgegeben: Sie will die Waffenexportregeln noch stärker lockern. Beim Kauf von Rüstungsgütern in der Schweiz soll eine Gruppe von 15 westlichen Ländern deutlich mehr Freiheit haben als heute. Selbst wenn sie in einen Krieg verwickelt sind, soll die Schweiz diese Länder beliefern dürfen. Ausgeschlossen sein sollen nur Lieferungen in Länder, die Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzen. Und der Bundesrat soll ein Vetorecht erhalten – zum Beispiel, wenn er die Neutralität gefährdet sieht. Auch bei der Wiederausfuhr von Waffen sollen mildere Regeln gelten. Im Grundsatz sollen alle Länder künftig in der Schweiz gekaufte Rüstungsgüter frei weitergeben können. Allerdings kann der Bundesrat auch hier eine Garantie verlangen, dass das Rüstungsmaterial im Käuferland bleibt – immer dann, wenn er Bedenken hat wegen der Neutralität oder den aussen- und sicherheitspolitischen Interessen der Schweiz. Diese Regelung könnte auch für Ausfuhren in die Ukraine greifen.

WIE ARGUMENTIERT DIE MEHRHEIT?

Die bürgerliche Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats (SIK-N) ist der Ansicht, dass angesichts der sich stetig verschlechternden geopolitischen Situation die Sicherheit der Schweiz gewährleistet und die Verteidigungsfähigkeit der Schweizer Armee nachhaltig gestärkt werden muss. Ein wichtiges Element hierfür sei eine starke und leistungsfähige Rüstungsindustrie.

WAS SAGEN DIE GEGNER DAZU?

Eine linke Minderheit kritisiert hingegen, dass eine Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes nicht im Interesse der neutralen Schweiz sei, die sich insbesondere für Frieden und den Schutz der Menschenrechte einsetzen solle. Zudem könne die Ukraine, die von ihrem legitimen Selbstverteidigungsrecht gemäss Uno-Charta Gebrauch mache, von den vorgeschlagenen Regelungen nicht profitieren.

WIE GEHT ES NACH HEUTE WEITER?

Die Ausgangslage ist relativ klar. Im Parlament dürften sich die Fraktionen von SVP, Mitte und FDP durchsetzen. Die SIK-N hiess die von ihr präzisierten Lockerungen des Kriegsmaterialgesetzes mit 16 zu 9 Stimmen gut. Der Ständerat hatte im Juni in der Gesamtabstimmung mit 31 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung Ja gesagt zu milderen Regeln. Letztlich dürfte das Stimmvolk über die Vorlage entscheiden. Die Gruppe Schweiz ohne Armee (Gsoa) hatte bereits nach den Diskussionen im Ständerat ein Referendum angekündigt, sollte das Parlament die Lockerungen beschliessen. SP, Grüne und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International Schweiz dürften sie dabei unterstützen. Selbst die Befürworterinnen und Befürworter der Lockerung gehen von einer Volksabstimmung aus.

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