Dank Boris Johnson steht die Schweiz nicht völlig alleine da mit offenen Restaurant-Terrassen. War das Schützenhilfe für den Bundesrat aus Grossbritannien?
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Cheers! Kann es sich die Schweiz dank Boris Johnson erlauben, die Restaurant-Terrassen zu öffnen? - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweiz öffnet im Gegensatz zu Nachbarländern die Restaurant-Terrassen.
  • Fiel der Entscheid dem Bundesrat dank «Vorbild Boris Johnson» leichter?
  • SVP-Politiker Thomas Aeschi hält dies für einen valablen Faktor.

Die Nachbarländer sind im Lockdown, an Essen und Trinken im Aussenbereich von Restaurants ist nicht zu denken. Die Fallzahlen mit Coronavirus sehen in der Schweiz nicht wirklich anders aus als in Deutschland.

Fallzahlen Europa Schweiz Coronavirus
Die Entwicklung der Fallzahlen mit Coronavirus seit Anfang Jahr in der Schweiz und ihren Nachbarländern, pro Million Einwohner. - ourworldindata.org / Johns Hopkins University / Nau.ch

Österreich scheint gar über den Berg zu sein, während die Schweiz noch einiges an dritter Welle vor sich sieht. Trotzdem öffnet der Bundesrat die Terrassen ab Montag. Weil ein Blondschopf in London ihn nicht alleine im Regen stehen lässt?

Leichterer Entscheid dank Boris Johnson?

Der britische Premier Boris Johnson schritt tapfer voran: Er wolle höchstselbst diesen Monat im Pub ein Bier an seine Lippen setzen. Der Öffnungsentscheid Johnsons habe es dem Bundesrat sicher leichter gemacht, ist SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi überzeugt. «Die Bilder aus britischen Pubs haben sicher geholfen, wenn man Leute sieht, die wieder Bier und Kaffee miteinander trinken können.»

Pub London Bier Lockdown
Eine Kellnerin bringt Nachschub an den Tisch von Kunden im Aussenbereich eines Pubs in Soho, London, am Tag als Englands dritter Lockdown gelockert wurde durch Premier Boris Johnson, am Montag, 12. April 2021. - Keystone

Nicht, dass es etwa leichtfertig wäre, dem Vorbild des britischen Haudegens zu folgen, betont Aeschi. «Die epidemiologische Lage erlaubt es und hätte es, wie wir wiederholt betont haben, bereits Mitte März erlaubt.» Auch wenn dies fast ganz Europa anders sieht: Selbst in Dänemark, mit vergleichsweise moderaten Fallzahlen, gibt es nur Take-away.

Köppel: Schweiz ist eben schlauer – und mutiger

Dass die Fallzahlen nicht gegen die Terrassen-Öffnung sprechen, sieht zwar auch SVP-Nationalrat Roger Köppel so. Doch, obwohl Johnson-Sympathisant, glaubt er nicht an dessen entscheidenden psychologischen Einfluss auf den Bundesrat. Die epidemiologische Lage sei aber genauso wenig entscheidend. «Jeder der Bundesratsentscheide ist Ausdruck der politischen Kultur im Land», findet Köppel.

Köppel Aeschi SVP
Die SVP-Nationalräte Roger Köppel, vorne, und Thomas Aeschi warten, damit sie während der Debatte um das Rahmenabkommen mit der EU eine Frage stellen können, während der Wintersession der Eidgenössischen Räte im Dezember 2020. - Keystone

Die Wissenschaft habe viel weniger damit zu tun, als immer behauptet werde. «Denn die eigenen Kriterien waren ja gar nicht erfüllt», streicht der Weltwoche-Chef heraus. «Die direkte Demokratie ist entscheidend: Der Bundesrat hat gemerkt, dass in der Schweiz selbst das Verständnis für die Massnahmen sinkt.» Der Druck «von der Strasse» bewirke im Schweizer System viel eher etwas.

«Dank der kreativen Anarcho-Demokratie darf der Autismus der Politiker nicht so ausgeprägt sein wie in anderen Ländern.» Positiv formuliert könne man gar sagen, der Bundesrat sei sogar mutiger als Boris Johnson. Denn die epidemiologische Lage im Vereinigten Königreich ist doch um einiges besser als in der Eidgenossenschaft.

Schweizer Hoffnung, britische Vorsicht

Die Briten wurden zwar letztes Jahr schwer getroffen vom Coronavirus. Dank der frühen Impfkampagne sind sie derzeit aber aus dem Gröbsten heraus. Mit etwas guten Willen könnte man auch der Schweiz attestieren, dass sie ein klein wenig besser dasteht als andere.

Fallzahlen Coronavirus Europa
Je nach Justierung der Farbskala ist Mitteleuropa bezüglich Coronavirus-Fallzahlen tiefrot gefärbt oder es zeigen sich Schattierungen, die die Schweiz etwas positiver erscheinen lassen. Links mit dem originalen Bereich zwischen 60 und 300 Fällen pro 100'000 Einwohner über 14 Tage, rechts mit dem Bereich von 200 bis 500 Fällen. - ibz-shiny.ethz.ch / Nau.ch

Je nach Abstufung bei der Darstellung der Fallzahlen ist die Schweiz nicht mehr im tiefroten Bereich. Wenn auch weit entfernt von den grasgrünen Briten.

Ob Bundesrat und Boris Johnson mit ihren Öffnungsentscheiden weise gehandelt haben, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Ganz sicher scheint sich auch der britische Premier nämlich nicht zu sein. Er mahnte sein Volk zur Vorsicht und bat, nicht über die Stränge zu schlagen. Womit er wohl nicht das Kaffeetrinken gemeint hat.

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