Kommentar zu Ueli Maurer in China: Null Nutzen für die Schweiz
Dass der alt Bundesrat an den Feierlichkeiten in Peking teilnimmt, sorgt für Irritationen. Zurecht – und gewollt?

Das Wichtigste in Kürze
- Ueli Maurer hat als alt Bundesrat an der Mega-Parade in Peking beigewohnt.
- Er stellt es allerdings als Besuch einer Privatperson dar.
- Eine Argumentation, die nicht aufgeht: Ein Kommentar.
Dass bei der grössten Militärparade der chinesischen Geschichte auch Alt-Bundesrat Ueli Maurer anwesend war, hat im Vorfeld für Irritationen gesorgt. Nun hat sich der zweimalige Bundespräsident erklärt: Es sei alles ganz harmlos.
Ein Maurer gegen Mauern
«Unsere Neutralität sollte keine Grenzen bauen oder Mauern errichten, sondern mit allen offen sein», sagt Maurer gegenüber «SRF». Das klingt schön, und wenn es sogar einer mit diesem Nachnamen sagt, wird es wohl auch stimmen. Inwiefern dies begründet, warum ein Schweizer Ex-Staatsoberhaupt dem Propaganda-Anlass eines autoritären Regimes beiwohnen soll, bleibt aber unklar.

Denn Analysten, China-Expertinnen und Kommentatoren sind sich einig: Die Mega-Parade soll vor allem Chinas militärische Stärke demonstrieren und den Startschuss für eine neue Weltordnung geben. Die Feier von 80 Jahren Weltkriegsende ist dabei nur Rahmenprogramm.
Ueli Maurer hat Recht
«Ich gehe nicht zu einer Militärparade, ich gehe zu einem Gedenkanlass», sagte dagegen Maurer zur «NZZ». China habe im Zweiten Weltkrieg enorm gelitten, angesichts der rund 20 Millionen Toten. «Das hat man bei uns in Europa gar nicht so wahrgenommen.» Stimmt wohl.

Aus Respekt davor habe er die Einladung angenommen. Ausserdem habe sich die Gelegenheit geboten, Vertreter der Schweizer Weltbank-Gruppe zu treffen. Denn aus Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan waren ebenfalls offizielle Vertreter angereist.
Respekt ist gut. Kontakte zu wichtigen Partnerländern auch. Ganz zu schweigen vom Kontakt mit China selbst: «Wir werden in Zukunft immer auf China angewiesen sein», sagt Maurer, und hat auch damit recht.
Für die Schweiz, aber ohne die Schweiz
Nur weiss man jetzt immer noch nicht, warum genau der Herr Maurer genau jetzt nach Peking reisen musste. Denn einen Auftrag oder eine Kompetenz im Namen der Schweiz hat er nicht. Im Gegenteil: Der Bundesrat wusste nicht einmal von Maurers Mission.
Und das mit voller Absicht: «Das wäre ein schwieriger Entscheid gewesen für den Bundesrat. Ich wollte ihn nicht in diese unangenehme Lage bringen», sagt Maurer. Und betont, er sei als Privatperson zur Parade angereist.
Ueli Maurer und China: Ein Gewohnheitstier
Schon wieder, ist man versucht zu sagen: Bereits vor zwei Jahren, vier Monate nach seinem Rücktritt als Bundesrat, stiftete Ueli Maurer Verwirrung. Damals war er als Privatperson beim chinesischen Botschafter. Man habe «die Wirtschafts-, Finanz- und Industriekooperation zwischen China und der Schweiz thematisiert», zur Überraschung des Bundesrats.

Maurers Absichten mögen gut und berechtigt sein, wenn er findet, es brauche eine Schweizer Abordnung an den Feierlichkeiten in Peking. Was er angeblich tut, ist aber das Gegenteil: Als Privatperson Respekt zollen und sich mit Usbeken und Kasachen austauschen.
Die Frage bleibt: Wer profitiert?
Davon hat die Schweiz nichts, denn weder vor noch nach seiner Reise bespricht sich Privatperson Ueli Maurer mit dem Bundesrat. Nur auf Umwegen erfahren jeweils Öffentlichkeit und Landesregierung überhaupt von seinen China-Aktivitäten. Die einzigen, die etwas davon haben, sind die Chinesen: Sie präsentieren Maurer nicht als Privatperson, sondern als Staatsmann.

Er sei sich gewohnt, kritisiert zu werden, deklariert der ewige Provokateur Maurer. Die «NZZ» kritisiert derweil, dass die Aufregung über Maurers Reise überzogen sei: «Der Lärm um die China-Reise lenkt nur davon ab, dass sich die Schweiz im Umgang mit dem Land nach wie vor schwertut.»
Richtig, aber andersrum: Ueli Maurer erreicht genau das Gegenteil dessen, was er vorgibt, erreichen zu wollen. Warum der «schlaue Fuchs» es dann trotzdem tut, bleibt sein Geheimnis. An der Bedeutung Chinas für die Schweiz kann es jedenfalls nicht liegen.