Werden mit dem geänderten Transplantationsgesetz Angehörige entlastet oder unter Druck gesetzt. In der «Arena» zur Widerspruchslösung wird viel widersprochen.
Transplantationsgesetz
Alain Berset will den Organspende-Ausweis überflüssig machen und die Angehörigen entlasten. - keystone, SRF
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Gegner des Transplantationsgesetz wollen stattdessen eine Informationskampagne.
  • Alain Berset will aber nicht bei jedem Hausarztbesuch über Organspende befragt werden.
  • Bei einem Ja in einer Woche muss er aber das Volk informieren und hofft auf die Hausärzte.

Sollte man der Organentnahme zustimmen oder widersprechen müssen? Letzteres findet eine Mehrheit des Parlaments und will deshalb das Transplantations-Gesetz ändern. In der «Arena» zur erweiterten Widerspruchslösung widersprachen sich Pro- und Kontra-Seite, aber auch Gäste sich selber.

Eine der grossen Fragen bei der Vorlage ist, ob dies ethisch ist, weshalb Ethikprofessor Peter Kirchschläger eingeladen wurde. «Ich muss Nein sagen, zu etwas, was grundrechtlich gesichert ist», spricht er die körperliche Unversehrtheit an. Dies sei «ethisch höchstproblematisch» und man «rüttelt an den Pfeilern des liberalen Rechtsstaats».

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Ethik-Professor Pater Kirchschläger war auch schon zu Gast in der Arena beim SRF. - SRF

«Ich muss aktiv werden, damit mir keine Organe entnommen werden», sagt SVP-Nationalrätin und registrierte Organspenderin Verena Herzog. Sie werde dazu genötigt. Dies sei unethisch, die Vorlage «anti-liberal».

Hier widerspricht aber die Liberale in der Runde: «Es ist eine liberale Lösung, da man jederzeit sagen kann, wenn man es nicht will», so FDP-Nationalrätin Regine Sauter. Deshalb sei die Widerspruchslösung ein gangbarer Weg, der zu besseren Resultaten führen könne. So gebe es in Spanien und Frankreich durch diese Lösung mehr Organspenden.

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FPD-Nationalrätin Regine Sauter hält die Widerspruchslösung für einen liberalen und gangbaren Weg. - SRF

Gesundheitsminister und ebenfalls registrierte Organspender Alain Berset bekräftigt: «Mit der Widerspruchslösung und einem guten Aktionsplan gibt es eine Tendenz zu mehr Spenden.» Doch zentral sei der Wille der verstorbenen Person.

Die Gegenseite widerspricht der Annahme, dass das geänderte Transplantationsgesetz zu mehr Organspenden führt, und schlägt eine andere Lösung vor: das Erklärungsmodell. Verena Herzog möchte die Leute laufend «informieren und motivieren». So wäre es eine Möglichkeit, auf der Steuererklärung oder einem Formular der Krankenkasse den Organspende-Wille angeben.

Transplantationsgesetz: Berset hofft bei Ja auf Hilfe der Hausärzte

Ethik-Professor Kirchschläger sagt, man könne auch in Schulen oder bei Hausärzten informieren. Berset möchte aber nicht bei jedem Arztbesuch gefragt werden, ob er Organe spenden will oder nicht. Bei einem Ja zum Transplantationsgesetz erwartet er aber, dass die Hausärzte ihre Patienten informieren.

Denn in diesem Fall muss der Bundesrat die gesamte Bevölkerung aufklären. «Ich zweifle aber, ob er dies schafft,» sagt Herzog. Auch Kirchschläger geht nicht davon aus. Dadurch würden alle, die nicht informiert würden, zu Organspender, ob sie dies wollen oder nicht.

Für diesen Fall seien die Angehörigen zentral, so Berset. Wie schon heute werden die Familienmitglieder der verstorbenen Person befragt, wenn der Wille nicht bekannt ist. Neu würde man davon ausgehen, dass sie mit der Organentnahme einverstanden wäre, sonst hätte sie es gesagt. Dies würde die Angehörigen entlasten.

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Michelle Hug lebt mit einem Spender-Herz. - SRF

Davon geht auch Organempfängerin Michelle Hug aus. Wenn die Person nicht explizit Nein gesagt habe, könne man von einem Ja ausgehen, was eine Entlastung sei. Heute seien viele Angehörigen überfordert und würden deshalb häufiger gegen die Organentnahme stimmen. «Mit der heutigen Regelung gibt es viele Fehlentscheide.»

Den Willen könnte man neu auch niederschwellig mitteilen, so Sauter. So würde es reichen, im Auto oder beim Abendessen dem Partner zu sagen, dass man im Todesfall Organe spenden wolle. «Es ist entscheidend, dass die Angehörigen den Willen kennen.»

Wie stimmen Sie beim Transplantationsgesetz ab?

SVP-Nationalrätin Herzog glaubt aber, dass mit dem geänderten Transplantationsgesetz der Druck auf die Angehörigen erhöht werde. «Sie können schnell als unsolidarisch bezeichnet werden, wenn sie der Organentnahme widersprechen.» Zudem sei auch unklar, was geschehe, wenn sich die Angehörigen nicht im gegebenen Zeitraum entscheiden.

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