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«Arena» – FDP-Müller: «Vertragspaket schützt vor EU-Beitritt»

Etienne Sticher
Etienne Sticher

Zürich,

In der «Arena» kämpft SVP-Matter alleine gegen das EU-Vertragspaket und spricht von einer «Märchenstunde». FDP-Müller will eine Souveränitätsklausel.

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Damian Müller will nicht in die EU und ist deshalb für das Vertragspaket. - keystone, srf

Das Wichtigste in Kürze

  • In der «Arena» argumentiert FDP-Müller, das Vertragspaket schütze vor einem EU-Beitritt.
  • SP-Pult sagt, es wurde mehrmals gegen das Ständemehr bei Staatsverträgen entschieden.
  • Und Mitte-Binder versteht die «unglaubliche Aufregung» nicht.

Das neue Vertragspaket mit der EU ist nicht nur inhaltlich umstritten, die Uneinigkeit beginnt schon beim Abstimmungsverfahren: Soll auch die Mehrheit der Kantone zustimmen müssen? Die Kompass-Initiative will nun das Ständemehr für die Annahme des Pakets notwendig machen. In der «Arena» wurde das diskutiert, nachdem über die Verträge im Allgemeinen gesprochen wurde.

Vor Kurzem sprachen sich auch die Delegierten der FDP für das Vertragspaket aus. Wahlkampfchef Damian Müller begründet den Entscheid so: «Die FDP will keinen EU-Beitritt.» Der bilaterale Weg sei der Königsweg – und er «schützt vor dem Beitritt».

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Über 2000 Seiten ist das Vertragspaket zwischen der EU und der Schweiz dick. - srf

Der Ständerat sagt, die bilateralen Abkommen hätten in den letzten 25 Jahren Wohlstand, Stabilität und Sicherheit gebracht. Jetzt müsse man die Verträge modernisieren.

Auch Marianne Binder-Keller, Mitglied der Parteileitung der Mitte, betont, dass man nicht in die EU, sondern den bilateralen Weg wolle. Es sei wichtig, diesen weiterzuführen, denn er gebe «politische Ruhe und wirtschaftliche Stabilität».

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Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller in der «Arena». - srf

Sie versteht auch die «unglaubliche Aufregung» gegenüber dem bilateralen Weg nicht. Die Vernehmlassung sei eben erst zu Ende gegangen, das Parlament werde sich noch mit dem Paket befassen. «Wir müssen uns beruhigen.»

Für Jon Pult, Vizepräsident der SP, ist die Weltlage ein wichtiges Argument für das Paket: «Die Welt wird immer gefährlicher. Es gibt Mächte, die tatsächlich auf Unterwerfung aus sind.» Er nennt Putin in der Ukraine, Xi mit Taiwan und Trump mit seiner Handelspolitik als Beispiele.

SP-Pult in «Arena»: Ohne bilateralen Weg wären wir ärmer

In einer solchen Welt hätten «rechtssichere, vertraglich geregelte Vereinbarungen mit den Nachbarn» einen enormen Wert. Und: «Ohne den bilateralen Weg wäre die Schweiz deutlich ärmer.»

SVP-Vizepräsident Thomas Matter bezeichnet all das als «reine Märchenstunde». Das Vertragspaket werde den Beitritt provozieren, da man dann Mitspracherecht habe. Es sei keine Fortsetzung des bilateralen Weges – das sage sogar die EU. Und es gebe keine Rechtssicherheit, da man unzählige EU-Erlasse laufend übernehmen müsse.

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SVP-Nationalrat Thomas Matter in der «Arena». - srf

Er ist sich sicher: «Dieser Vertrag wird als der schlechteste je ausgehandelte Vertrag aus Sicht der Schweiz in die Geschichte eingehen.» Und: «Wer für den Vertrag ist, ist nicht ganz gebacken.»

Binder kontert: «Je krasser die Wortwahl, desto weniger konkrete Argumente hat man.» Pult pflichtet bei: «Je schriller jemand auftritt, desto weniger ist er bereit, Argumente auszutauschen.»

Ständemehr für das EU-Vertragspaket?

Die Bundesverfassung schreibt das obligatorische Referendum vor für den «Beitritt zu Organisationen für kollektive Sicherheit oder zu supranationalen Gemeinschaften». In der Praxis wurden auch Staatsverträge mit verfassungsrechtlichem Charakter Volk und Ständen vorgelegt. Beim EU-Vertragspaket wird darüber gestritten, ob das Ständemehr notwendig ist oder nicht.

Die FDP-Delegierten stimmten mit 55 Prozent gegen die Notwendigkeit des Ständemehrs. Müller betont, dass es aber eine grosse Minderheit gebe. Deshalb setzt er sich für eine Souveränitätsklausel wie bei den Bilateralen II ein: Nach sieben Jahren solle man den Effekt des Vertragspakets analysieren und wenn notwendig nochmals abstimmen können.

Die Kompass-Initiative fordert eine Unterstellung unter das obligatorische Referendum und will dafür die Verfassung anpassen. Mit-Initiant Urs Wietlisbach sagt: «Es ist ein materieller Eingriff in die Verfassung, in die direkte Demokratie.» Bereits bei früheren Freihandelsabkommen oder der EWR-Abstimmung habe es das Ständemehr gebraucht.

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SP-Nationalrat Jon Pult in der «Arena». - srf

Jon Pult erklärt, dass seit der EWR-Abstimmung 1992 einiges passiert sei: 1999 wurde die Verfassung totalrevidiert. Damals habe sich das Parlament mit der Frage, ob Staatsverträge dem obligatorischen Referendum unterstehen sollten, beschäftigt, es aber abgelehnt. Und 2012 hätten sich auch Volk und Stände bei einer Initiative deutlich dagegen ausgesprochen.

Zudem sagt Pult, dass es bei der EWR-Abstimmung um den Beitritt zu einer supranationalen Gemeinschaft ging. Aus seiner Sicht wäre es gegen die aktuelle Verfassung, das EU-Vertragspaket dem obligatorischen Referendum zu unterstellen. Er betont aber, dass sich das mit der Annahme der Kompass-Initiative ändern würde.

Soll es für das EU-Vertragspaket das Ständemehr brauchen?

Für Thomas Matter hingegen ist klar, dass es ein Ständemehr braucht. Denn es sei «kein einfacher Staatsvertrag». «Zig» Verfassungsartikel würden verletzt werden. Mit dem Ständemehr könnte man das übertrumpfen.

Die Mitte hat sich in der Frage zum Ständemehr noch nicht festgelegt und will nach der parlamentarischen Debatte darüber befinden. Marianne Binder sagt jedoch: «Die Verfassung ist kein Wunschkonzert. Man kann nicht das Ständemehr fordern, wenn es einem politisch passt, es darf nicht politisch sein.»

Kommentare

User #1535 (nicht angemeldet)

Die Schweiz hat seit 1972 ein FREIHANDELSABKOMMEN mit der EU. Warum müssen wir ab 2030 für einen Marktzugang den wir schon lange haben bezahlen? Die Schweiz zahlt der EU verschiedene Beiträge, darunter derzeit jährlich etwa 130 Millionen Franken, was die Zahlungen für den Erweiterungsbeitrag umfasst. Im Zuge neuer bilateraler Verträge könnte sich dieser Beitrag ab 2030 auf etwa 350 Millionen Franken pro Jahr erhöhen, um Zugang zum EU-Binnenmarkt zu erhalten. Diese Frage sollten die Herren Müller un Pult den Stimmbürger einmal erklären!!!

User #4191 (nicht angemeldet)

Lieber Herr Müller wie viele Arbeitsplätze haben Sie in Ihrem Leben geschaffen??? Vieleicht können Sie sich ja bei der EU anstellen lassen - viel Glück!

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