Medizinische, ethische und juristische Gründe sprächen dagegen, einer Person nach dem Tod Organe zu entnehmen, wenn sie zu Lebzeiten nicht zugestimmt hat.
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Wer keine Organe spenden möchte, soll dies zukünftig festhalten müssen. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Das Nein-Komitee bei der Organspende will weiter eine klare Erklärung von Organspendern.
  • «Medizinische, ethische und juristische Gründe» würden dagegen sprechen.
  • Man stelle sich aber nicht grundsätzlich dagegen, die Spenderorgane zu erhöhen.

Das überparteiliche Nein-Komitee stellt sich nicht grundsätzlich dagegen, die Zahl der Spenderorgane zu erhöhen, hält aber die vom Parlament beschlossene Widerspruchslösung für den falschen Weg.

Organspende-Regel wird umgekehrt

Am 15. Mai stimmt die Schweiz über den Wechsel von der Zustimmungs- zu einer Widerspruchslösung ab. Die Befürworter wollen damit erreichen, dass künftig mehr Spenderorgane zur Verfügung stehen. Für das Nein-Komitee ist dieser Wechsel aber der falsche Weg, um an dieses Ziel zu kommen.

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Mit dem neuen Gesetz würde die grundsätzliche Annahme gelten, dass jeder und jede Organspender ist. - Keystone

Heute muss, wer nach dem Tod Organe oder Gewebe anderen überlassen will, dies ausdrücklich so festhalten oder nahe Angehörige informieren. Fehlt die zustimmende Äusserung und wissen Angehörige nicht, ob die verstorbene Person Organe spenden wollte oder nicht, und sagen deshalb Nein, dürfen keine Organe entnommen werden.

Neu soll es umgekehrt sein: Wer nicht spenden will, muss dies zu Lebzeiten ausdrücklich festhalten. Fehlt diese Erklärung, werden die Angehörigen befragt. Sie können, mit Bezug auf den mutmasslichen Willen des Verstorbenen, eine Entnahme von Spenderorganen ablehnen. Gegen diesen Parlamentsentscheid wurde ein Referendum ergriffen.

Überparteiliches Nein-Komitee

Im überparteilichen Nein-Komitee sind SVP, SP, Die Mitte, FDP, GLP, EVP und EDU vertreten. Es lehnt den Paradigmenwechsel aus medizinischen, ethischen und juristischen Gründen ab. Dazu macht es geltend, dass es keinen wissenschaftlichen Nachweis gebe, wonach mit Widerspruchslösung mehr Organe gespendet würden als heute.

«Wer sich nicht wehrt, gilt grundsätzlich als Spender», argumentierte Ständerat Josef Dittli (FDP/UR) in Bern vor den Medien. Das in der Verfassung verankerte Recht auf körperliche Unversehrtheit werde mit dem geänderten Transplantationsgesetz arg strapaziert.

Mehr Organspenden anzustreben, sei unbestritten, räumt das Komitee ein. Doch der eigene Körper gehöre zum Persönlichsten, was der Mensch besitze. Jeder medizinische Eingriff, und sei er noch so geringfügig, dürfe nur mit ausdrücklicher Zustimmung erfolgen.

Könnten die Angehörigen die Spende ablehnen, sei das für sie keine Entlastung, widerspricht das Komitee den Befürwortern. Für die Organentnahme sei der Hirntod massgeblich. Ein derart plötzliches Ereignis versetze Angehörige in Schock und Trauer. Von ihnen da in kurzer Zeit einen Organspende-Entscheid zu verlangen, sei unethisch.

Komitee befürchtet gesellschaftlichen Druck

Susanne Clauss, Co-Präsidentin des Komitees, sprach von einem «erhöhten moralischen Druck» auf Angehörige. Ein Nein zur Entnahme von Organen können ihnen als unsolidarisches Verhalten angekreidet werden. Sie fragte sich, ob es unmoralisch sei, sich in geschütztem Rahmen und ohne Zeitdruck für das eigene Bedürfnis zu entscheiden.

Für das Komitee ist es zudem «unrealistisch», die rund sechs Millionen Erwachsenen im Land wie neu vorgeschrieben zu informieren, dass sie einer Organentnahme nach dem Tod in einem Register widersprechen müssen.

Susanne Clauss setzt sich mit ihrem Komitee gegen die Änderung bei der Organspende ein.
Susanne Clauss setzt sich mit ihrem Komitee gegen die Änderung bei der Organspende ein. - sda - KEYSTONE/PETER SCHNEIDER

Das Komitee denkt in erster Linie an sozial Schwache: Es gebe Menschen, die keine Landessprache sprächen oder die nicht lesen oder Texte nicht verstehen könnten, sagte die frühere Zürcher GLP-Ständerätin Verena Diener. Ebenso gebe es Menschen, die sich nicht mit ihrem Tod befassen wollten. Das gelte es zu respektieren.

Ein gangbarer Weg wäre für das Komitee ein Erklärungsmodell, wie es die Nationale Ethikkommission (NEK) vorgeschlagen hat. «Es bringt die Menschen dazu, sich mit der Organspende auseinanderzusetzen und sich dazu zu äussern», sagte Nationalrätin Verena Herzog (SVP/TG). Das Selbstbestimmungsrecht bleibe gewahrt.

Im Parlament hatte das Modell keine Mehrheit gefunden. Mit ihm würden die Menschen regelmässig aufgefordert, sich Gedanken über eine Organspende zu machen und ihren Willen festzuhalten. Mit einem Ja am 15. Mai werde der Weg zu dieser besten, wenn auch teureren Lösung auf Jahre verbaut, sagte Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (Mitte/SO).

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