Die Gäste in der «Arena» diskutierten über die Schweizer Impfstrategie. Das Scheinwerferlicht war dabei auf die BAG-Chefin Anne Lévy gerichtet.
«Arena» Impfstrategie
In der «Arena» vom Freitagabend wurde über die Impfstrategie diskutiert. - Screenshot/SRF
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • In der «Arena» wurde wieder einmal über die Impfstrategie der Schweiz diskutiert.
  • BAG-Chefin Anne Lévy liess einmal mehr jegliche Kritik an sich abprallen.

Sind Sie geimpft, genesen oder getestet? Nur so wird es möglich sein, in Zukunft an Veranstaltungen teilzunehmen oder reisen zu dürfen. Aber nicht nur individuell ist ein Schutz von Vorteil: Je mehr Leute immunisiert sind, desto weniger Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus braucht es.

Doch die Kategorisierung von Bürgerinnen und Bürgern kommt nicht kritiklos durch die gesellschaftliche Diskussion. In der «Arena» wurde einmal mehr über die Impfstrategie diskutiert. Das Scheinwerferlicht war dabei ganz klar auf die Direktorin des Bundesamtes für Gesundheit gerichtet.

Anne Lévy
Anne Lévy sprach in der «Arena» über die Impfstrategie der Schweiz. - Screenshot/SRF

Anne Lévy wollte der Impfstrategie der Schweiz zu Beginn der «Arena» keine Note ausstellen. Sie wich auf eine entsprechende Frage aus: «Ich glaube, Noten verteilen wir am Ende der Pandemie oder am Ende des Impfens. Aber wir sind auf Kurs und wir haben gute Arbeit geleistet.» Zufällige Benotungsvorschläge entlockten der Bernerin schliesslich: «Vielleicht eine 8 von 10».

Die Sendungsmacher lieferten daraufhin einige Zahlen: 10,8 Prozent der Schweizer Bevölkerung sind vollständig geimpft – weitere neun Prozent erhielten bisher eine Dosis. Ein Einspieler zeigte schliesslich, wie weit fortgeschritten die Impfstrategie etwa in Grossbritannien ist: Im Königreich erhielten schon 49 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Impfung.

Anne Lévy weicht in der «Arena» Fragen aus

Im Verhör der «Arena» wurde Lévy auf diesen Unterschied angesprochen. «Es ist wichtig anzumerken, dass AstraZeneca bei uns noch nicht zugelassen wurde. Wir haben auf die richtigen Impfstoffe gesetzt», verteidigte sich die BAG-Direktorin.

Sie wiederholte, dass sie zuversichtlich sei, dass bis im Juni jeder Erwachsene bis 16 Jahre, der sich impfen lassen wolle, auch geimpft sein werde. Kritik am ständig wechselnden Impffahrplan umging die Expertin geschickt. Es sei kein Widerspruch einmal von Sommer und einmal vom Herbst zu sprechen.

«In einer ersten Phase wollen wir nur die Erwachsenen impfen. Dann gibt es Leute, die länger brauchen, um für sich diese Entscheidung zu treffen. Die ganze Verimpfung wird sich deshalb sicher noch übers ganze Jahr hinweg weiterziehen.»

Impfen Coronavirus
Vor Weihnachten gab es einen regelrechten Booster-Boom. Ist dieser jetzt vorbei? - dpa

Ob sie zufrieden sei mit dem Tempo der Zulassung von Swissmedic, beantwortete Lévy in der «Arena» auch nicht direkt. Vielmehr sprach sie über positive Aspekte, eine Art Ausweichstrategie, auf die sie bei dem Verhör wiederholt zurückgriff.

«Wir hatten eine Impfstrategie, die auf verschiedene Arten von Impfstoffen gesetzt hat. Gut war, dass wir uns sehr früh für mRNA-Stoffe entschieden hatten. Das war, wenn ich ehrlich bin, eine ziemliche Risiko-Strategie. Man wusste schliesslich damals noch gar nicht, wie gut diese Stoffe sind, aber das Risiko hat sich ausgezahlt.»

Die schleppende Impfstrategie ist laut Lévy übrigens auch vorbei. «Die meisten Kantone verimpfen rund um die Uhr. Jetzt kommt ja auch mehr Impfstoff und neu wird es vielleicht auch möglich sein, bei den Firmen zu verimpfen.»

Kritik prallt an Anne Lévy ab

Anne Lévy ist seit Oktober die Direktorin des Schweizer Bundesamtes für Gesundheit. Mitten in der Pandemie übernahm sie beim BAG, das schon zuvor und auch seit ihrem Antritt immer wieder unter Beschuss kam.

Die Bernerin hat sich bisher aber kaum in Selbstkritik geübt. Das ist kein Geheimnis und war auch schon mehrmals von den Medien aufgegriffen worden. Die «Neue Zürcher Zeitung» schrieb in einem Kommentar Ende März etwa: «Die Defensivkunst von Anne Lévy muss ein Ende haben».

BAG Anne Lévy Coroanvirus
Anne Lévy ist seit Oktober 2020 Direktorin des Bundesamts für Gesundheit und an vorderster Front im Kampf gegen das Coronavirus. - Keystone

In der «Arena» wollten die Sendungsmacher von Levy wissen, warum denn immer die anderen Schuld hätten. Sie lachte, gestand, dass es etwa bei der Digitalisierung durchaus Aufholbedarf gebe und meinte: «Ich glaube man darf uns sehr wohl kritisieren, wenn es denn gerechtfertigt ist. Ich glaube auch, dass wir uns ständig verbessern und ständig am Lernen sind.»

Auf den grössten Fehler des BAG wollte sie sich auf Nachfrage natürlich nicht festlegen und wich einer entsprechenden Frage aus: «Ich glaube, die wirklich grossen Fehler werden nach der Pandemie klar werden, wenn es darum geht, aufzuarbeiten und zu schauen, was wir nicht gut gemacht haben.»

SVP-Friedli: «Als KMU wäre das BAG schon lange Konkurs»

Die Antworten der BAG-Direktorin schienen Esther Friedli die Haare zu Berge stehen zu lassen. Sie sei überhaupt nicht überzeugt, meinte die SVP-Nationalrätin in der «Arena». «Was wirklich beim BAG und beim Bundesrat Alain Berset fehlt, ist eine Strategie und das Denken in Szenarien.»

Stets blicke man nur vier Wochen voraus, aber weiter zu schauen, daran fehle es völlig, so Friedli. «Erst auf massiven Druck, auch vom Parlament, hat der Bundesrat den Öffnungsplan lanciert. Noch im März hiess es, das ginge nicht. Man sagt immer, das Virus bestimme, aber nach 14 Monaten Pandemie muss man endlich neue Wege finden.»

«Arena»
SVP-Nationalrätin und Gastro-Unternehmern Esther Friedli macht dem BAG schwere Vorwürfe. - SRF/Screenshot

Den Leuten Perspektiven zu geben, sei wichtig, ebenso, dass man «jetzt endlich öffnet», so Restaurant-Besitzerin Friedli in typischer SVP-Manier. Schliesslich verglich sie das BAG noch mit einem Geschäft: «Würde ich mein KMU so führen, wäre ich schon lange Konkurs.»

Die Reaktion von Anne Lévy zeigte die erwähnte «Defensivkunst» der BAG-Chefin perfekt auf. Sie versicherte erst, dass ihr Amt «nicht ohne Strategie» sei und meinte dann, es sei aber genauso, wie «Frau Friedli richtig gesagt» habe.

«Die Situation ändert sich ständig, das hat man ja gesehen. Man plant voraus und plötzlich taucht wieder eine neue Mutation auf, die den Plan wieder ein wenig über den Haufen wirft. Diese Flexibilität ist am Schluss, was eine Pandemie überhaupt ausmacht. Jeden Tag muss man schauen, wie sich die Welt verändert hat und wie man darauf reagieren muss.»

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

DigitalisierungAlain BersetCoronavirusSwissmedicBundesratParlamentHerbstSVP«Arena»