«Arena»: «Will von der SVP das U-Wort nicht mehr hören»
Die SVP warnt Souveränitätsverlust, FDP, Mitte und SP sehen Vorteile bei Rechtssicherheit und Lohnschutz. Auch das Stromabkommen war in der «Arena» ein Thema.

Das Wichtigste in Kürze
- In der «Arena» wurden die neuen EU-Verträge diskutiert.
- Die SVP kritisierte Rechtsübernahme, die FDP und die Mitte sehen mehr Rechtssicherheit.
- Die SP lobte das Abkommen wegen gesichertem Lohnschutz.
- Das Stromabkommen ist hingegen umstritten.
Seit Dezember, als der Abschluss der EU-Verhandlungen feststand, ist die Schweizer Bevölkerung auf die Folter gespannt: Was steht denn eigentlich konkret drin, in diesem EU-Abkommen? Erst einige Parlamentarier konnten bislang Einsicht nehmen in die Hunderten von Seiten, in Englisch abgefassten, juristischer Texte.
Doch nun, da die Verträge übersetzt und veröffentlicht sind, kann in der «SRF Arena» darüber gestritten werden: Wie viel EU-Recht müssen wir übernehmen und wann? Was ändert bei der Personenfreizügigkeit? Was bringt das Stromabkommen für die Energiewende?
«SVP sagt wir müssen alle Gesetze übernehmen – das stimmt einfach nicht»
Kaum überraschend zeigte sich SVP-Nationalrat Franz Grüter überhaupt nicht zufrieden mit dem neuen EU-Vertragspaket. Er wiederholte in der «Arena» die schon lange geltende Parole seiner Partei: Die EU diktiere, was in der Schweiz zu gelten habe. «Die EU will für alle Länder die gleichen Regeln – und genau das wird die Schweiz schwächen.»
Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter hielt dagegen, dass es um fünf bestehende und drei neue Abkommen gehe. «Von der SVP wird immer suggeriert, die Schweiz müsse alle Gesetze übernehmen – das stimmt aber einfach nicht.»

Der Bundesrat habe so gut verhandelt, dass er in jedem Paket das Beste für die Schweiz herausgeholt habe. Die Befürworterin der neuen EU-Verträge wiederholte in der «Arena»: «Das ist ein abgeschlossener Bericht, es geht hier nicht darum, dass man tausende Rechtsakten übernehmen muss.»
Grüter entgegnete, dass es sich hier einfach nicht mehr um einen bilateralen Weg handle. «Das würde nämlich heissen, dass wir Verträge auf Augenhöhe machen, das ist aber nicht mehr der Fall.» Hier ergriff FDP-Ständerat Matthias Michel das Wort und betonte, dass die Schweiz eine Sonderstellung und einen massgeschneiderten Vertrag herausgeholt habe.

An Grüter und seine Partei gerichtet, meinte Michel in der «Arena»: «Das Wort, das sie jeweils brauchen, das mit U anfängt. Also Unterwerfung – das möchte ich jetzt nicht mehr hören. Das ist nämlich ein Unwort.» Die Schweiz habe mit der EU ein gemeinsames Spielfeld – den Binnenmarkt – und dort spiele man jetzt auf Augenhöhe.
«Arena»: SVP ist gegen Schiedsgericht – FDP: Das ist der Vorteil
SVP-Grüter erwähnte in der Folge einen aus seiner Sicht weiteren Negativ-Punkt für die neuen EU-Verträge, dem sich FDP-Michel erneut entgegenstellte: Das vorgesehene Schiedsgericht. Michel meinte, dass genau darin der Vorteil der neuen Verträge liege.
Erstmals überhaupt in der Beziehung zur EU habe die Schweiz ein klares Verfahren, wenn es Konflikte gebe. «Die Schweiz gewinnt an Souveränität, weil die EU künftig keine willkürlichen Strafmassnahmen mehr treffen kann.»

SVP-Grüter entgegnete, er befürchte, dass das Volksrecht eingeschränkt werden könnte, sollte die Möglichkeit von EU-Gegenmassnahmen im Raum stehen.
SP mit Lohnschutz zufrieden – aber nicht beim Stromabkommen
Geregelte Beziehungen zur EU sind für Ständerätin Tiana Moser ein Muss. Die Grünliberale Politikerin sagte, dass der Wohlstand der Schweiz auf dem Export beruhe. «Die EU ist der Schweizer Heimmarkt», sagte sie in der «Arena».
Moser war ebenfalls der Ansicht, dass die neuen institutionellen Regeln der Schweiz zu mehr Rechtssicherheit führen. Das betonten zuvor schon Michel und auch Schneider-Schneiter in der «Arena».

Zufrieden mit dem Verhandlungsergebnis zeigt sich auch SP-Vizepräsident David Roth. Der Gewerkschafter betont, dass mit dem neuen Abkommen endlich auch der Lohnschutz gewährleistet sei.
Kritik äusserte David Roth hingegen zum geplanten Stromabkommen. Dieses sieht eine partielle Öffnung des Schweizer Strommarktes vor. Er warnt davor, dass dadurch ein «Pseudowettbewerb» entstehen könnte, der für Privatpersonen womöglich höhere Strompreise mit sich bringt.
Zudem zeigt er sich skeptisch, dass Schweizer Stromkonzerne in einem liberalisierten Markt vermehrt in erneuerbare Energien investieren würden. Die Energiewende könnte seiner Meinung nach darunter leiden. Unterstützung erhält Roth hier von SVP-Nationalrat Grüter.

Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone hingegen zeigte sich überzeugt, dass das Stromabkommen eine zentrale Rolle für das Gelingen der Energiewende spielt. Es sorge für Netzstabilität und ermögliche der Schweiz, ausreichend grünen Strom aus der EU zu beziehen.