Abkommen für nachhaltigeren Handel schafft erste Hürde
Der Nationalrat hat eine Vereinbarung gutgeheissen, wonach sich die Schweiz an einem Abkommen über Klimawandel, Handel und Nachhaltigkeit beteiligen soll.

Die Schweiz soll sich nach dem Willen des Nationalrats an einem neuartigen Handelsabkommen über Klimawandel, Handel und Nachhaltigkeit beteiligen. Dies entschied der Nationalrat am Donnerstag.
Mit 114 zu 79 Stimmen bei zwei Enthaltungen hiess die grosse Kammer die Vereinbarung gut. Diese wurde bisher von der Schweiz, Costa Rica, Island und Neuseeland unterzeichnet. Der Nationalrat folgte damit einer knappen Mehrheit der vorberatenden Kommission. Diese hatte sich nach der Vorberatung mit 13 zu 12 Stimmen dafür ausgesprochen.
Mit Nein stimmten die SVP-Fraktion und Teile von Mitte und FDP. Die Gegnerinnen und Gegner des Abkommens hatten erfolglos Nichteintreten beantragt. Als Nächstes muss sich der Ständerat mit der Sache befassen.
Das Agreement on Climate Change, Trade and Sustainability (ACCTS) untersagt unter anderem neue Subventionen für Kohle oder für die Produktion von Öl und Gas. Ausserdem verpflichtet es die Vertragsparteien, Zölle für die im Abkommen definierten rund 300 umweltfreundlichen Güter und über hundert umweltbezogenen Dienstleistungen abzubauen. Teil des Abkommens sind auch Leitlinien für Öko-Labels.
Wirtschaftsminister Guy Parmelin hatte das Abkommen im November vergangenen Jahres unterzeichnet. Laut dem Bundesrat soll es den Übergang zu «emissionsarmen, klimaresistenten und nachhaltigen» Volkswirtschaften unterstützen. Es solle eine Vorreiterfunktion einnehmen und mit weiteren Vertragsparteien wachsen.
Das Abkommen sei ein wichtiger Beitrag zur internationalen Klima- und Umweltpolitik, sagte Parmelin im Rat. Die Handelserleichterungen beträfen nicht nur Fertigprodukte wie Züge oder Solarpanels, sondern auch die Komponenten dafür.
Mehrheit der Kommission für zügige Ratifizierung der Vereinbarung
Die Mehrheit der vorberatenden Kommission war für eine zügige Ratifizierung der Vereinbarung. Diese bedeute ein Bekenntnis zu einem regelbasierten Multilateralismus, was in Zeiten handelspolitischer Unsicherheit wichtig sei.
Klimafreundliche Technologien könnten vom Abkommen profitieren, argumentierten die Befürworterinnen und Befürworter. Man habe sich zudem vom Bundesrat bestätigen lassen, dass die Ratifizierung des Abkommens die laufenden Zollverhandlungen mit den USA nicht erschwere.
Die Schweiz sei stark in internationale Wertschöpfungsketten bei Umweltgütern eingebunden, sagte Martin Bäumle (GLP/ZH) namens der Kommission. Sie könne daher besonders vom Wachstum dieser Märkte profitieren.
Die Abschaffung von Zöllen sei auch dort vorteilhaft, wo keine Gegenseitigkeit bestehe, sagten sowohl Bäumle als auch Parmelin. Für die Unternehmen falle mit der Abschaffung von Zöllen administrativer Aufwand weg.
Eine Minderheit der Kommission – hauptsächlich aus den Reihen der SVP vertrat die Ansicht, das Abkommen bringe der Schweiz keinen echten Vorteil und schränke ihren Handlungsspielraum womöglich sogar ein.
Die Gegnerinnen und Gegner wandten insbesondere ein, dass die Schweiz gemäss den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) allen WTO-Staaten die selben Zollvorteile gewähren müsse. Ein einseitiger Verzicht auf Einfuhrzölle gegenüber allen WTO-Ländern sei jedoch im gegenwärtigen handelspolitischen Umfeld nicht angebracht.
«Wir Schweizer halten uns an Abmachungen»
Am Anfang seien 18 Länder mit von der Partie gewesen, sagte Minderheitssprecher Marcel Dettling (SVP/SZ). Die meisten von ihnen seien sukzessive ausgestiegen. Die Schweiz gebe ein wichtiges Pfand aus der Hand, obwohl nur drei «Mini-Staaten» bereit seien, dasselbe zu tun. Dettling warnte zudem, die Teil-Rückerstattung der Mineralölsteuer in der Landwirtschaft drohe unter Druck zu geraten.
Parmelin wies die Darstellung des SVP-Präsidenten zurück. Nur sechs Staaten seien an den Verhandlungen beteiligt gewesen. Nur zwei, Fidschi und Norwegen, hätten das Abkommen nicht unterzeichnet. Und das Abkommen erfasse die Steuerrückerstattung nicht.
Das Abkommen widerspreche den Interessen der Schweiz nicht, sagte auch Simone de Montmollin (FDP/GE). Vielmehr entspreche es der Schweizer Diversifizierungsstrategie.
Auch Die Mitte-Fraktion war mehrheitlich für das Abkommen. Zwar könnte man mit der Ablehnung ein «Zeichen an einen gewissen Herrn» senden, wonach Zölle auch für die Schweiz wieder eine Option sein könnten, sagte Priska Wismer-Felder (Mitte/LU).
Die Mitte-Politikerin äusserte jedoch Zweifel daran, dass dieses Zeichen bei US-Präsident Donald Trump ankäme. Stattdessen plädierte sie für ein Zeichen an jene Staaten, die mit der Schweiz stabile Beziehungen wünschten: «Wir Schweizer halten uns an Abmachungen».
«Offener Handel funktioniert nur mit klaren Regeln», sagte auch Marionna Schlatter (Grüne/ZH). Die Schweiz verfüge über eine starke Umwelt- und Innovationsbranche. Das Abkommen verschaffe dieser einen Wettbewerbsvorteil. Hasan Candan (SP/LU) verwies auf die grossen Investitionen, die etwa Neuseeland im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung plane.