Documenta 15: Direktor will Ausstellung wieder auf Kurs bringen
Alexander Farenholtz hat übergangsweise die Direktion der documenta 15 übernommen. Nach einigen Skandalen möchte er die Ausstellung wieder auf Kurs bringen.

Das Wichtigste in Kürze
- Die documenta fifteen wird seit ihrer Eröffnung von negativen Schlagzeilen geplagt.
- Grund dafür sind Vorwürfe antisemitischer Kunst.
- Alexander Farenholtz soll den Ruf der Ausstellung nun wieder reinwaschen.
Ein Antisemitismus-Skandal überschattet seit ihrer Eröffnung Mitte Juni die documenta 15. Alexander Farenholtz soll die documenta nach dem Eklat wieder auf Kurs bringen. Der Kulturmanager betont aber, dass es keine Prüfung der verbliebenen Kunstwerke geben werde.
Nach dem Rücktritt der Generaldirektorin Sabine Schormann führt Farenholtz übergangsweise die Geschäfte der documenta gGmbH. Er sieht die Weltkunstausstellung auf einem guten Weg. «Ich zweifle keine Sekunde daran, dass die Schau bis zum Ende ihrer Laufzeit fortgesetzt wird.» Dies sagte der Kulturmanager am Freitag in Kassel.

Allein der Besuchererfolg zeige, dass ein Abbruch keine Option sei. «Die Zahlen sind sehr gut, die Stimmung auch. Ich glaube, dass die documenta als Ausstellung auf einem hervorragenden Kurs ist», betonte Farenholtz.
Banner mit antisemitischer Bildsprache
Auf der documenta 15 war kurz nach ihrem Beginn ein Banner mit antisemitscher Bildsprache entdeckt und abgebaut worden. Bereits Monate zuvor waren Antisemitismus-Vorwürfe gegen das indonesische Kuratorenkollektiv Ruangrupa laut geworden. Die Ausstellung gilt neben der Biennale in Venedig als die wichtigste für Gegenwartskunst.
Der Aufsichtsrat um den Vorsitzenden, Christian Geselle (SPD), und seine Stellvertreterin, Angela Dorn (Grüne) will einen Beschluss fassen. Danach soll die Ausstellung grundlegend reformiert werden, wobei externe Experten helfen sollen.
Tiefgreifende Verwerfungen
Das Banner habe zu tiefgreifenden Verwerfungen geführt, sagte Farenholtz am Freitag. Er hoffe, nach den Konsequenzen, die der Aufsichtsrat jetzt gezogen habe, lasse sich die Ausstellung in ruhigere Bahnen leiten. Der 68-Jährige betonte, dass es keine Prüfung der verbliebenen Kunstwerke geben werde: «Unter keinen Umständen darf der Eindruck entstehen, dass durch die fachwissenschaftliche Begleitung eine Kontrollinstanz eingeführt wird.»
Das Gremium werde vielmehr Empfehlungen und Ratschläge aussprechen. Es sei an den Kuratoren, in welcher Weise sie davon Gebrauch machen wollten. «Es ist ein Beratungsangebot für die Kuratoren. Es ist keine Einschränkung der kuratorischen Freiheit», erklärte Farenholtz.

Diese sei unbestritten. Bei als kritisch geltenden Werken könne das Kuratorenteam Vorschläge für eine Kontextualisierung von den Experten erbitten. «Aber auch das liegt im Ermessen der Kuratoren.»
Berufen werde das fachwissenschaftliche Gremium der Stadt Kassel und des Landes Hessen als Gesellschaftern der documenta. Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) und Kassels Kulturdezernentin Susanne Völker wählen aktuell die Mitglieder des Gremiums aus. Sie rechnen Farenholtz zufolge in den kommenden zwei Wochen mit einem Ergebnis.
Farenholtz: Themen reichen über die documenta 15 hinaus
Die documenta gGmbH sei dabei zunächst nicht unmittelbar involviert. «Das ist wichtig, denn das reflektiert den Umstand, dass die Problematik einen weitreichenden gesellschaftlichen Stellenwert hat. Somit ist sie nicht in einem Zeitraum von 100 Tagen im Rahmen einer Kunstausstellung abzuarbeiten», erläuterte Farenholtz.
«Die zu behandelnden Themen reichen sowohl inhaltlich als auch zeitlich weit über die documenta 15 hinaus.» Daher seien sie richtigerweise bei politischen Entscheidungsträgern anzusiedeln, die über den Zeitraum der documenta hinaus handlungsfähig seien.
Seine Rolle, sagt der 68-Jährige, gleiche ein wenig der eines eingewechselten Fussballtrainers. «Wenn es beim Fussball einen Trainerwechsel gibt, hat man es oft einfach nur mit einem neuen Temperament zu tun. Und das kann ja vielleicht manchmal auch dazu beitragen, die Situation ein wenig zu beruhigen.»
Die documenta gehört für ihn auch weiterhin nach Kassel. «Das Besondere an der documenta 15 ist ja, dass sie die ganze Stadt auf den Kopf stellt. Das würde sie in Berlin, Budapest, Paris oder London nicht.»