Corona-Krise prägt ein defizitäres Budget 2021
Das Budget 2021 der Stadt Thun schliesst bei einem Gesamtaufwand von 303,9 Mio. Franken und einem Gesamtertrag von 288,2 Millionen Franken.

Zum ersten Mal seit 12 Jahren schliesst das Budget der Stadt Thun wieder mit einem Defizit ab. Die Corona-Situation ist zu einem grossen Teil dafür verantwortlich.
Einem Gesamtaufwand von 303,9 Mio. Franken steht ein Gesamtertrag von 288,2 Mio. Franken gegenüber. Das Budget bleibt mit gewissen Unsicherheiten behaftet.
«Das Virus ist der eigentliche Taktgeber und verdeutlicht, dass nicht immer alles planbar ist», sagt Gemeinderätin Andrea de Meuron, Vorsteherin Direktion Finanzen Ressourcen Umwelt. Aufgrund der aktuellen Ausgangslage sind vor allem die höheren Beiträge an die Lastenausgleichssysteme und der tiefere Steuerertrag wesentliche Faktoren für das Defizit von 15,7 Mio. Franken.
Aber auch die hohe Investitionstätigkeit belastet die Erfolgsrechnung mit höherem Abschreibungsaufwand und ist mitverantwortlich für den Finanzierungsfehlbetrag von 33,4 Mio. Franken.
Deutlicher Anstieg der Lastenausgleichsbeiträge
Gegenüber dem Budget 2020 steigt der Aufwand für die Beiträge an die sechs Lastenausgleichssysteme (Sozialhilfe, Ergänzungsleistungen, öffentlicher Verkehr, Lehrerbesoldungen, Familienzulagen und Neue Aufgabenteilung) um 4,8 Mio. Franken auf 67,8 Mio. Franken. Der Zuwachs liegt deutlich über den Kostensteigerungen der Vorjahre.
Diese höheren Lastenausgleichsbeiträge reduzieren entsprechend den finanziellen Handlungsspielraum. Zusammen mit den tieferen Steuererträgen sinkt der Handlungsspielraum für die Finanzierung der stadteigenen Aufgaben gegenüber dem Budget 2020 um 10,1 Mio. Franken.
Der Anteil der Lastenausgleichsbeiträge am gesamten städtischen Steuerertrag beträgt 56 % gegenüber 50 % im Budget 2020.
Veränderte Steuerertragssituation mit tieferem Steuerertrag
Gegenüber dem Budget 2020 wird für das Jahr 2021 mit einem um 5,3 Mio. Franken tieferen Steuerertrag gerechnet. Wegen der Corona-Krise wird das Wirtschaftswachstum nach einer längeren Aufwärtsphase abrupt gestoppt.
Für die Stadt Thun bedeutet dies nach Jahren von stets steigenden Steuererträgen, dass sie sich neu mit einem Steuerrückgang konfrontiert sieht. Gegenüber den anderen grösseren Städten ist der Ausfall jedoch weniger hoch, da die Stadt Thun vergleichsweise weniger juristische Personen aufweist.
Mit höheren Steuerausfällen wird vor allem bei juristischen Personen gerechnet.
Neue Ausgangslage macht Stellenmoratorium nötig
Der Gemeinderat hat in einer ersten Reaktion auf die finanziellen Auswirkungen der Covid-19 Situation reagiert und bis auf weiteres ein Stellenmoratorium beschlossen. Er ist sich bewusst, dass diese Massnahme einschneidend ist.
«Im Rahmen seiner Verantwortung für den Finanzhaushalt ist für den Gemeinderat dieser Schritt aber unausweichlich», sagt Gemeinderätin Andrea de Meuron. In Abhängigkeit der zu erfüllenden Aufgaben und der geänderten Ausgangslage wird auch die personelle Ressourcenfrage periodisch analysiert.
Je nach Situation werden neue oder ergänzende Massnahmen eingeleitet.
Überdurchschnittliche Bauausgaben
Das Investitionsbudget 2021 ist mit netto 33,4 Mio. Franken wie im Vorjahresbudget 2020 geprägt von einem überdurchschnittlichen Investitionsvolumen. In den letzten zehn Jahren wurde mit durchschnittlich 12,9 Mio. Franken pro Jahr wesentlich weniger investiert.
In der Erfolgsrechnung sind für den baulichen Unterhalt der steuerfinanzierten Aufgaben im Jahr 2021 total 15,7 Mio. Franken in den Bereichen Hoch- und Tiefbau budgetiert. Im Vergleich zu den Rechnungsjahren 2010 bis 2019 (durchschnittlich 14,1 Mio. Franken) liegt der Aufwand für den baulichen Unterhalt im Jahr 2021 um rund 11 % über dem langjährigen Durchschnitt.
Damit soll ein langfristiger Wertverlust verhindert werden. Der Gemeinderat hat es zudem im Sinne von notwendigen konjunkturellen Impulsen abgelehnt, ausführungsreife oder -nahe Bauprojekte zurückzustellen (z.B. Schulanlagen).
Mittelfristig schwierige Haushaltsentwicklung
Über die ganze Planungsperiode 2021 bis 2024 rechnet der Aufgaben- und Finanzplan mit einem kumulierten Finanzierungsfehlbetrag von 42,9 Mio. Franken, welcher zwangsläufig zu einer Neuverschuldung führen wird. Die finanzielle Ausgangslage zeigt aktuell eine gesunde Bilanzsituation und ist in Zukunft wegen der Corona-Pandemie mit grossen Unsicherheiten verbunden.
Deshalb hat der Gemeinderat im Rahmen der Budgetierung auf an sich gerechtfertigte Entnahmen aus den Spezialfinanzierungen vorläufig verzichtet. Der Gemeinderat behält sich vor, Kurskorrekturen bei den Investitionen vorzunehmen und nötigenfalls eine Aufgaben- und Leistungsüberprüfung auszulösen.
Solche Schritte sollen aber erst gestützt auf gesicherte Ergebnisse (d.h. nach Vorliegen der Rechnung 2020) und gestützt auf bessere Kenntnisse der finanziellen Auswirkungen der Corona-Situation erfolgen. «Dieses gestaffelte Vorgehen ist aufgrund der unsicheren Finanzlage sinnvoll», ist Gemeinderätin Andrea de Meuron überzeugt. «Gerade in unsicheren Zeiten sind übereilte Entscheidungen zu vermeiden.»
Am 12. November 2020 befindet der Stadtrat über das Budget 2021 und den Aufgaben- und Finanzplan 2021 bis 2024.