Trump-Regierung will Sanktionen gegen Nord Stream 2 verhängen
Das Wichtigste in Kürze
- In letzter Minute will die Trump-Regierung Sanktionen gegen Nord Stream 2 verhängen.
- Davon ist ein russisches Verlegeschiff sowie dessen Betreiber betroffen.
- Deutschland hofft auf eine Einigung mit der US-Regierung unter Joe Biden.
Im Streit um Nord Stream 2 will die scheidende US-Regierung in letzter Minute noch Sanktionen gegen die Gas-Pipeline verhängen. Die geplanten Strafmassnahmen richten sich gegen ein russisches Verlegeschiff.
Der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft sieht noch eine «gute Möglichkeit», mit der US-Regierung unter Joe Biden eine Lösung zu finden. So könnte die Pipeline zwischen Deutschland und Russland doch noch «zeitnah» fertiggestellt werden.
USA verhängt weitere Sanktionen
Die scheidende US-Regierung unter Präsident Donald Trump werde am Dienstag Sanktionen gegen das russische Verlegeschiff «Fortuna» verhängen. Davon sei auch dessen Inhaber, die russische Firma KVT-RUS, betroffen. So teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Montagabend mit.
Washington hat die Bundesregierung und andere europäische Partner am Montag darüber in Kenntnis gesetzt. «Wir nehmen die Ankündigung mit Bedauern zur Kenntnis», sagte ein Ministeriumssprecher.
Verlegearbeiten seit 2019 ausgesetzt
Die Pipeline soll das Potenzial für russische Gaslieferungen nach Deutschland deutlich erhöhen. Sie schürt aber Spannungen sowohl innerhalb der EU als auch mit den USA. Die Trump-Regierung lehnt den Bau der Pipeline entschieden ab und verhängte bereits Ende 2019 Sanktionen gegen die Betreiber von Verlegeschiffen. Ausserdem drohte Washington weitere Sanktionen gegen beteiligte Firmen an.
Die Verlegearbeiten waren deshalb im Dezember 2019 ausgesetzt worden. Derzeit ist die Pipeline nach Angaben der Betreibergesellschaft Nord Stream 2 AG zu 94 Prozent fertiggestellt. Demnach sind noch etwa 120 Kilometer Pipeline in dänischen und etwas über 30 Kilometer in deutschen Gewässern zu verlegen.
An dem Projekt beteiligen sich diverse europäische Unternehmen. Dazu gehören der russische Energieriese Gazprom, Uniper und Wintershall aus Deutschland und der französische Konzern Engie. Auch der britisch-niederländische Konzern Shell und die OMV aus Österreich sind als Finanzinvestoren involviert.
Demokraten lehnen «America First»-Politik ab
Führende US-Demokraten hätten klargestellt, dass sie eine Bevormundung wichtiger Verbündeter durch die USA im Stil von «America First» ablehnen. Unter ihnen befindet sich auch der designierte Aussenminister Antony Blinken. So erklärte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses, Oliver Hermes. «Nichts anderes stellen die neuen Sanktionen gegen ein Energieprojekt dar», betonte er.
Er begrüsste den Aktionsplan der EU-Kommission zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit des europäischen Wirtschafts- und Finanzsystems. Dieser sollte am Dienstag verabschiedet werden.
Der Aktionsplan soll europäische Firmen besser vor Sanktionen durch Drittstaaten wie den USA schützen. Auch Gegenmassnahmen ausserhalb des Handelsbereichs sollen dafür in Betracht gezogen und der rechtliche Schutz von EU-Unternehmen vergrössert werden.
Grüne wollen Pipeline stoppen
Der Vorsitzende des Ost-Ausschusses äusserte sich zudem «verwundert» über Forderungen etwa von Grünen-Politikern. Diese wollen die Pipeline jetzt politisch stoppen oder ein Moratorium verhängen.
«Das Projekt Nord Stream 2 ist privat finanziert und wird auf der Grundlage geltenden EU-Rechts umgesetzt. Politiker, die Rechtsgrundsätze der politischen Grosswetterlage unterordnen wollen, begeben sich auf dünnes Eis», erklärte Hermes. Investitionssicherheit sei eine wesentliche Errungenschaft des europäischen Binnenmarkts. «Diese sollte nicht in Frage gestellt werden».
Pipeline-Stopp bedeutet steigende Strompreise
Hermes betonte: «Sollten Gaslieferungen aus Russland ausfallen, könnte die Versorgung über den Import von LNG-Gas gesichert werden.» Der Import von Fracking-Gas aus den USA wäre demnach jedoch wesentlich teurer und umweltschädlicher. «Sollte die Nord-Stream-2-Pipeline gestoppt werden, ist mit steigenden Gas- und Strompreisen für die europäischen Verbraucher und die Industrie zu rechnen.»
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Linken-Fraktion, Klaus Ernst, nannte es «unerträglich», wie die USA die wirtschaftlichen Interessen ihrer Gasindustrie durchsetzen. Dabei wolle die USA sogenannte Verbündete zu Befehlsempfängern degradieren.
Ernst fürchtet weiterhin aggressive Politik
Ernst fordere die Bundesregierung auf, die Geschäftsträgerin der US-Botschaft einzubestellen. So soll die Haltung der Bundesregierung unmissverständlich deutlich gemacht werden. Denn: Er befürchte, «auch der neue Präsident Joe Biden wird die aggressive Wirtschaftspolitik seines Landes nicht ändern», erklärte Ernst.
Die Amtsübergabe in Washington findet am Mittwoch statt. Die Amtszeit der Regierung Trump endet um 12:00 Uhr Washingtoner Zeit.