Gemäss Europäischem Gerichtshof verletzt die Schweiz bei Klimafragen die Menschenrechte. Das Urteil wirft jegliche Fragen auf, findet Hans-Ulrich Bigler.
Hans-Ulrich Bigler
Alt Nationalrat Hans-Ulrich Bigler (SVP) schreibt regelmässig Kolumnen auf Nau.ch. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Europäische Gerichtshof ist auf die Beschwerde der Klimaseniorinnen eingetreten.
  • Die Schweizer Behörden müssen einen Plan ausarbeiten, wie sie das Urteil umsetzen möchten.
  • Eine Kolumne von alt Nationalrat Hans-Ulrich Bigler (SVP).
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Die Schweiz tue zu wenig zur Klimabekämpfung, so urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Die Klimaaktivisten haben geklagt und missbrauchten eine Seniorinnentruppe aus der Schweiz als nützliche Strohpuppen für ihre politischen Anliegen.

Das Urteil wirft denn auch jegliche Fragen auf. Eines ist hingegen heute schon sicher. Die Klimaaktivisten haben sich endgültig demaskiert.

Klimaseniorinnen
Die Klimaseniorinnen vor dem Europäischen Gerichtshof in Strassburg. Mit dem Gang vors Gericht machten sich die engagierten Frauen nicht nur Freunde sondern offenbar auch Feinde. - sda - KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Anstelle von demokratiepolitischen Ausmarchungen, wie sie in der Schweiz üblich sind, bevorzugen sie den Anspruch auf ein allumfassendes Diktat bezüglich politischer Prozesse und Entscheide.

Finden Sie es gut, dass die Schweizer Klimaseniorinnen gewonnen haben?

In einem grösseren Zusammenhang muss dies mit Blick auf ein anderes wesentliches Dossier der Schweiz zu denken geben.

Doch zunächst zu den Fakten. Ist es denn tatsächlich so, dass die Schweiz zu wenig für die Klimabekämpfung tut? Der Anteil am CO2-Ausstoss der Schweiz weltweit ist 0,1 Prozent.

Laut BAFU sind die Treibhausgasemissionen auf Schweizer Territorium seit 1990 um 18 Prozent gesunken. Die Pro-Kopf-Emissionen der Schweiz seien, gemessen an anderen Industrieländern, eher niedrig.

Klimaseniorinnen
Die Klimaseniorinnen erzielen in Strassburg einen Sieg – das nimmt man auch im Ausland zur Kenntnis. - Keystone

Das BAFU führt das unter anderem insbesondere auf die weitgehend CO2-freien Stromproduktion in der Schweiz zurück. Die Kernkraftwerke lassen grüssen.

Vor diesem Hintergrund sei die Frage gestellt: Verfügen die EMGR-Richter tatsächlich über die Kompetenz für die Beurteilung der Sachverhalte in der Schweiz? Auf die Publikation des Urteils und die Argumentationsführung darf man jedenfalls gespannt sein.

Attraktive Opferrolle

Mit seltener Naivität gaben die Klimaseniorinnen vor laufender TV-Kamera weinerlich zu Protokoll, dass sie mit ihrer gefährdeten Gesundheit Opfer der schweizerischen Klimapolitik seien.

Dass sie vorher jahrzehntelang vermutungsgemäss unkritisch am Konsumaufschwung teilhatten und mit ihrem eigenen Verhalten mit zum heutigen Zustand beigetragen haben, haben sie wohl vergessen.

Ebenso bleibe dahingestellt, wie gesund sie eigenverantwortlich leben. Die Opferrolle war eben medial schon immer attraktiv.

Doch dies ist eigentlich eher eine Randnotiz. Entscheidender ist die Tatsache, dass dieses Klimakränzli von Greenpeace aktiviert, gesteuert und letztendlich wahrscheinlich auch finanziert wurde.

Dazu lohnt es zunächst, sich die politischen Prozesse in der Schweiz vor Augen zu halten. Seit mehr als 30 Jahren nimmt die Schweiz als aktiver Verhandlungspartner an den Weltklimakonferenzen teil. Die dort gefassten Beschlüsse werden anschliessend in der Schweiz im Rahmen der üblichen parlamentarischen Prozesse umgesetzt.

Bevölkerung konnte sich an Urne äussern

So wurde zwar das Treibhausgasziel 2020 laut BAFU knapp verfehlt, eine markante Reduktion jedoch durchaus erzielt. Bis 2030 will die Schweiz ihre Emissionen halbieren, bis 2050 strebt der Bundesrat Netto-Null-Treibhausgasemissionen an.

treibhausgas
Treibhausgasemissionen sind ein grosses Thema. - AFP/Archiv

Die Schweizer Bevölkerung konnte sich an der Urne dazu äussern. Eine erste CO2-Gesetzesvorlage wurde vor wenigen Jahren an der Urne verworfen. Ausschlaggebend waren die unverhältnismässigen Verbots- und Regulierungsvorschriften mit entsprechender immenser Kostenfolge.

In der Zwischenzeit hat das Parlament eine neue Version verabschiedet, zu der kein Referendum ergriffen wurde. Wiederum sei die Frage gestellt: Verfügen die EMGR-Richter tatsächlich über die Kompetenz für die Beurteilung der politischen Willensbildung in der Schweiz? Auf die Publikation des Urteils und die Argumentationsführung darf man jedenfalls gespannt sein.

Und damit kommen wir zu zwei wesentlichen Schlussfolgerungen. Zum einen sind gewisse Klimaaktivisten offensichtlich nicht gewillt, demokratische Entscheide zu akzeptieren.

Mit ihrer Ideologie und ihrem Klimadiktat wollen sie mit ihren Kampagnen sämtliche Volksmehrheiten ausschalten. Gegen den Willen des Volksmehrs sollen ihre Ziele mit aller Gewalt und um jeden Preis durchgesetzt werden.

Klimaurteil gibt einen Vorgeschmack

In einem weiteren Zusammenhang muss dieser Entscheid aber zum anderen noch viel mehr zu denken geben. Fremde, nicht vom eidgenössischen Parlament gewählte Richter haben über die Klimapolitik unseres Landes geurteilt.

Genau dies ist auch vorgesehen in den Verhandlungen für einen neuen Rahmenvertrag mit der EU. Anstelle der Richter des EMGR soll der Europäische Gerichtshof in die Urteilsfindung miteinbezogen werden.

Das vorliegende Klimaurteil gibt damit einen Vorgeschmack, wie es dereinst in unserem Verhältnis zur EU gehen könnte. Um es mit Ovid zu sagen: «Wehret den Anfängen.»

Zur Person: Hans-Ulrich Bigler ist Ökonom und war von 2008 bis 2023 Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands (SGV). Er ist im Vorstand mehrerer Verbände, darunter auch das Nuklearforum Schweiz, und sass von 2015 bis 2019 für die FDP im Nationalrat. Heute ist Bigler SVP-Mitglied.

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