Kolumne von Renggli: «In Maur ZH ist die Demokratie in Gefahr!»
Nach Artikeln in der «Maurmer Post» entliess die Gemeinde Maur ZH unseren Kolumnisten. Brisant: Genau dieser kandidiert jetzt für einen Gemeinderatsjob.

Das Wichtigste in Kürze
- Auf dem Hof «Sponstürli» in Maur ZH geschieht im Jahr 2024 ein Mord.
- Nach Artikeln über diesen Fall in der «Maurmer Post» wurde die Redaktionsleitung entlassen
- Ausgerechnet Ex-Chefredaktor Thomas Renggli kandidiert jetzt für den Gemeinderat.
- Auf Nau.ch schreibt Renggli in seiner Kolumne über die Beweggründe.
Die globale Politik gleicht einem Horror-Laden: Provokateure, Brandstifter und Machtmenschen besetzen die wichtigsten Positionen zwischen Washington und Wladiwostok.
Daran lässt sich kurzfristig leider nichts ändern. Wenn sogar der Schweizer Fifa-Präsident Autokraten hofiert, bleibt nur noch Kopfschütteln – und Fremdschämen.

Im Grossen sind wir Zuschauer. Im Kleinen aber können wir mitreden und unser Schicksal bestimmen.
Das ist das grosse Privileg der Schweizer Demokratie – und es beginnt quasi vor der eigenen Haustüre: beim Recht, das Auto am Strassenrand zu parken, bei der politischen Initiative über eine neue Sportanlage im Dorf oder bei der Möglichkeit, die Mitglieder der Schulpflege und des Gemeinderates zu wählen.
Risse im demokratischen Fundament
In der Gemeinde Maur am malerischen Greifensee machen sich aber Risse im demokratischen Fundament bemerkbar – weil sich die Politik um zentrale Werte wie Gewaltentrennung und Pressfreiheit foutiert.
So wurde die Redaktionsleitung der Dorfzeitung «Maurmer Post», darunter ich selbst als Chefredaktor, nach gemeindekritischen Artikeln abserviert – und die Publikation zu einem reinen Verlautbarungsorgan degradiert.
Lokalpolitik ist die Champions League
Das letzte Wort hat seither immer der Gemeinderat – und im Bedarfsfall interviert sich dieser gleich selber.
Das darf nicht sein. Kommunalpolitik mag im nationalen Kontext oft eine Randnotiz sein. Doch dies ändert nichts am wichtigsten Faktum: Lokalpolitik ist die Champions League des Politgeschäfts – weil nirgends der Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern intensiver ist und die Rückmeldungen direkter sind.
Jetzt acht Kandidierende für sieben Sitze
Deshalb habe ich mich für ein basisdemokratisches Lebensexperiment entschieden – und meine Kandidatur für den Gemeinderat der Zürcher Vorortsgemeinde (ca. 11'000 Einwohner) eingereicht.
Am 8. März 2026 steigen acht Kandidierende ins Rennen um sieben Sitze. Rein mathematisch liegen die Wahlchancen also für jede Kandidatin und jeden Kandidaten bei 87,5 Prozent.
Keine Gratisarbeit im Gemeinderat
Was das Amt zeitlich und erwerbsmässig bedeutet, ist auf der Gemeinde-Internetseite ersichtlich: Der Zeitaufwand für einen Gemeinderatsposten wird pro Jahr mit 400 bis 600 Stunden angegeben, davon ungefähr 40 bis 50 Prozent tagsüber und am Wochenende. Inbegriffen sind 25 Gemeinderatssitzungen pro Jahr.
Das ist keine Gratisarbeit. In Maur ist der Gemeinderatsjob mit 38’000 Franken dotiert.
Der Präsident erhält zusätzlich 30’000 Franken, der Schulpräsident 15’500 Franken und der Vizepräsident 3’100 Franken.

Das Los des Parteilosen
Der Weg zum Ziel führt über einen wohldosierten Wahlkampf. Als Parteiloser steht man dabei oft alleine da – hat aber den Vorteil, absolut unabhängig agieren und argumentieren zu können.
Gleichzeitig ist es wichtig, das politische Profil zu schärfen, ohne das Stimmvolk zu irritieren.
Ich stelle mich als Alternative zum politischen Establishment dar, das in einer Gemeinde ähnlich verankert und breit abgestützt ist wie auf Bundesebene – und gelegentlich etwas abgehoben.
Draht zur Basis verloren?
Wenn Gemeindepolitikerinnen und -politiker nach der Gemeindeversammlung am Apero-Glas nippen, aber in ihren Entscheidungen den Draht zur Basis verlieren, stimmt etwas nicht mehr. Dem will ich entgegentreten.
Ich verspreche nicht das Blaue vom Himmel, aber ich stehe für bürgerliche Werte, die alle betreffen: eine vernünftige Finanzpolitik, gute Bedingungen für Gewerbe und Vereine, offene und ehrliche Kommunikation – und eine permanente politische Diskussion.
Es darf nicht sein, dass der Gemeinderat den Diskurs abwürgt, indem er beispielsweise die Dorfzeitung zum eigenen Sprachrohr degradiert.
Lebendige Wahlschlacht in Maur
Ich lebe (mit Unterbrüchen) seit 50 Jahren in Maur. Mit gutem Recht und bestem Gewissen kann ich sagen: Wir haben hier alles, was das Leben lebenswert macht. Diese Werte gilt es zu wahren – dafür setze ich mich ein.
In dieser Tonalität entsteht derzeit meine Internetseite, und so will ich mich im Wahlkampf positionieren. Ich halte Sie auf dem Laufenden, wie das gelingt.
Bis dahin verbleibe ich mit den besten vorweihnachtlichen Wünschen und in freudiger Erwartung einer lebendigen Wahlschlacht im neuen Jahr.
Zum Autor
Thomas Renggli aus der Zürcher Vorortsgemeinde Maur ist freier Journalist und Buchautor. Zwischen Mai 2023 und April 2024 war er Chefredaktor der Lokalzeitung Maurmer Post. Heute verantwortet er die unabhängige Maurmer Zeitung. Über die Vorfälle vor seiner Haustüre hat er das Buch «Tod im Sponstürli» verfasst. Renggli kandidiert am 8. März 2026 als Parteiloser für den Gemeinderat Maur.












