Eine Zürcher Verwaltung wirbt in mehreren Wohnblöcken im Eingangsbereich gegen das Covid-19-Gesetz. Mieter sind verwirrt, darf die Eigentümerschaft das?
Covid-19-Gesetz
Eine Stadtzürcher Verwaltung wirbt im Eingangsbereich eines Wohnblocks gegen das Covid-19-Gesetz - als Gegenreaktion auf die politische Werbung auf den Balkonen. - zVg/Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Politische Werbung an Balkonen und Fenstern sind weit verbreitet.
  • Eine Immobilien-Verwaltung macht nun selbst Werbung gegen das Covid-Gesetz im Treppenhaus.
  • Die Firma darf das zwar, doch muss sie auch den Mieterfrieden aufrechterhalten.
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Vor Abstimmungen und Wahlen prägen Plakate der jeweiligen Lager das Stadt- und Landschaftsbild der Schweiz. Dies gilt keineswegs nur für den öffentlichen Raum, auch an zahlreichen Balkonen und Fenstern hängen die Fahnen.

Die Zürcher Verwaltung «Anker Immobilien GmbH» geht nun neue Wege. Sie klebt an den Eingangstüren der Wohnblöcke Plakate gegen das Covid-19-Gesetz auf – zum Ärger von Besucher K.P.*

Covid-19-Gesetz
Die Verwaltung Anker Immobilien GmbH wirbt im Eingangsbereich einer Wohnhauses gegen das Covid-19-Gesetz.
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Politische Plakate hängen an einem Balkon.
Initiative
Ein Plakat für die «1:12-Initiative» hängt an einem Balkon.

Dieser ist sauer. Die Immobilienverwaltung missbrauche ihre Machtposition dafür, Propaganda gegen das Covid-19-Gesetz zu betreiben, findet er. So werde die Mieterschaft gegeneinander aufgestachelt.

«Es kann nicht sein, dass alle Bewohner, die jeden Monat Miete zahlen, und alle Besucher in den Häusern diese riesigen Plakate ansehen müssen», schreibt P., der anonym bleiben möchte. Die Mieter hätten so kein Recht mitzubestimmen, «ob und wofür in ihrem Zuhause Propaganda betrieben wird».

Verwaltung: «Reaktion auf Politisierung an Balkonen»

Die Verwaltung schreibt auf Anfrage von Nau.ch, der Aushang sei eine Reaktion auf den bereits länger anhaltenden Zustand der Politisierung an Balkonen und Fenstern durch Mieterinnen und Mieter.

«Mit dem Aushang im öffentlich zugänglichen Bereich sprechen wir uns offen gegen eine weitere Spaltung der Gesellschaft aus. Mit Blick auf die aktuelle Entwicklung wie beispielsweise in Österreich sind wir der Überzeugung, dass unsere Aktion gegen Ausgrenzung unumgänglich geworden ist», so Geschäftsleiter Steve Hess.

Mieterverband: Vermieter darf Plakat aufhängen

Bei Mieterverband staunt man. «Wir hatten schon Anfragen im Zusammenhang mit politischen Fahnen auf Balkonen. Dass der Vermieter selber politische Werbung im Treppenhaus betreibt, ist eher selten», schreibt Fabian Gloor vom Mieterverband. Einen ähnlichen gelagerten Fall in der Rechtssprechung habe er nicht finden können.

«Ich würde mich auf den Standpunkt stellen, dass der Vermieter ein solches Plakat aufhängen darf», so das Urteil des Juristen. Ob das Aufhängen dieses Plakats durch die Verwaltung in Anbetracht der angespannten Lage wirklich sinnvoll ist, sei aber eine andere Frage. Denn der Vermieter sei gesetzlich dazu verpflichtet, den Mieterfrieden aufrechtzuerhalten.

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Die Anker Immobilien GmbH verweist auf die Meinungsfreiheit und will das Herunterreissen der Plakate nicht tolerieren.
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Das Plakat an der Eingangstüre gegen das Covid-19-Gesetz.
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Ein Plakat an der Eingangstüre gegen das Covid-19-Gesetz.

Das Plakat im Treppenhaus falle jedoch wohl kaum in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit. «Das Recht auf freie Meinungsäusserung regelt nämlich das Verhältnis zwischen Bürgern und Staat und betrifft vorwiegend den öffentlichen Raum. Hier ist aber nicht der Staat Akteur, sondern ein privates Unternehmen.»

Finden Sie es richtig, dass die Verwaltung die Plakate an der Eingangstüre anbringt?

Vom Herunterreissen des Plakats rät Gloor generell ab: «Dabei würde es sich um eine Sachbeschädigung handeln. Da der Vermieter das Recht auf freie Meinungsäusserung hochhält, wird er konsequenterweise auch Gegenparolen akzeptieren.»

* Name der Redaktion bekannt.

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