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SRG: SP Frauen rasten wegen Gender-Umfrage von SRF aus

Bettina Zanni
Bettina Zanni

Zürich,

User können in einem Tool der SRG Fragen zum Thema Gender beantworten. Die SP Frauen sind wegen bestimmter Aussagen fassungslos.

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«Liebes SRF, hackt's euch?», schreiben die SP Frauen in einem Post auf Instagram. - Facebook

Das Wichtigste in Kürze

  • Die SP Frauen werfen dem SRF vor, «rechte, antifeministische Narrative» zu schüren.
  • Grund sind Aussagen in einem Umfrage-Tool zum Thema Familien und Geschlechterrollen.
  • Die SRG hat inzwischen Anpassungen vorgenommen.

«‹Woke› und ‹Gender› sind Pseudoprobleme wohlstandsverwöhnter Städter:innen»: Das ist eine von 13 Aussagen aus einer Umfrage der neuen Dialogplattform der SRG.

Das Medienunternehmen fordert Userinnen und User dazu auf, ihren Standpunkt zu der Aussage auszuwählen. Beantworten können sie das mit Optionen von «Voll einverstanden» bis zu «Gar nicht einverstanden» oder «Weiss nicht».

Mit dem interaktiven Tool können die Nutzer ihre Antworten zum Thema Familien- und Geschlechterrollen vergleichen. Als Massstab gelten die Antworten der Meinungsumfrage des Instituts GFS Bern.

Für die SP Frauen hat die Umfrage jedoch eindeutig Grenzen überschritten.

«Liebes SRF, hackt's euch?», schreibt die Partei in einem Post auf Instagram. Etwa auch SP-Co-Chef Cédric Wermuth teilte in seiner Instagram-Story den empörten Post.

«Rechts» und «antifeministisch»

Die Partei wirft dem SRF, eine Unternehmenseinheit der SRG, vor, in der Umfrage «rechte, antifeministische Narrative zu reproduzieren».

Damit mache sich SRF über die «nach wie vor bestehenden Ungleichheiten und die tägliche Diskriminierung von Frauen und Queers» lustig.

Den Wirbel hat jedoch nicht allein die «Pseudoproblem» Aussage ausgelöst. Die SP Frauen kritisieren drei von 13 Aussagen aus der Umfrage.

Eine weitere davon ist Aussage Nummer 12: «Frauen können mit erfundenen sexuellen Übergriffen das Leben eines Mannes ruinieren», lautet diese.

Was hältst du von der Umfrage?

Zuletzt prangern die Politikerinnen Aussage Nummer drei an. Dieser zufolge «sollten Frauen keine freizügige Kleidung tragen, wenn sie keine unerwünschte Aufmerksamkeit erregen wollen».

SP Frauen kritisieren «Problematisierung» von «woke»

«Die Umfrage von SRF/Dialog greift Begriffe und Themenfelder auf, die den gesellschaftlich konstruierten ‹Backlash› (Deutsch: Gegenreaktion, Anmerkung d. Redaktion) gegen Gleichstellung und Vielfalt bedienen.» Dies sagt Julia Baumgartner, Zentralsekretärin der SP Frauen, auf Anfrage.

Wenn etwa der Begriff «woke» problematisiert werde, verschiebe sich der Diskurs auf rechte Kampfbegriffe. «Statt die realen Herausforderungen der Gleichstellung ins Zentrum zu rücken.»

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Über diese Aussage lässt die SRG User abstimmen: «‹Woke› und ‹Gender› sind Pseudoprobleme wohlstandsverwöhnter Städter:innen.» - Screenshot / Instagram

Besonders problematisch sind laut Baumgartner Fragen, die den «Karriereknick» von Männern nach der Metoo-Bewegung thematisieren. «Damit wird eine Rape Culture gestützt, in der Betroffenen pauschal unterstellt wird, sie würden lügen.»

Der Begriff «Rape Culture»

Die Vereinten Nationen definieren den Begriff «Rape Culture» (Deutsch: «Vergewaltigungskultur») als «Komplex von Überzeugungen, der männliche sexuelle Aggression fördert und Gewalt gegen Frauen unterstützt».

Einige Komponenten, die Forschende nennen:

  • - Akzeptanz von Geschlechterrollen, die Macht und Dominanz von Männern betonen

    - Vorstellung von Vergewaltigungs-Mythen wie «Opfer lügen oft», «nur Fremde vergewaltigen»

    - Objektifizierung von Frauen / sexualisierte Darstellung in Medien

    - Opferbeschuldigung und Rechtfertigung von Tätern

Wissenschaftlich gesehen gehört der Begriff zu den Theorien aus Gender Studies und Soziologie.

Solche Fragen normalisierten sexistische Klischees. «Und lenken vom eigentlichen Problem – Gewalt gegen Frauen und diskriminierende Strukturen – ab.»

Viele Reaktionen

Über 5000 User haben den Post mit einem Like markiert. In rund 100 Kommentaren schliessen sich User mehrheitlich der Empörung an.

Diese äussern sich «schockiert», «entsetzt» oder «sprachlos» über die Fragestellung.

«Aus diesen Fragen entsteht null Mehrwert. Sie normalisieren lediglich Hass», findet ein User.

Experte erwartet mehr Selbstschutz von SRG

Und auch Profis sehen Verbesserungspotenzial in der Umfrage.

«Das Layout beziehungsweise der Einstieg scheint mir unglücklich», sagt Michael Buess auf Anfrage. Er ist Geschäftsleiter des Schweizer Sozial- und Marktforschungsunternehmens Demoscope.

«Ich hätte erwartet, dass die SRG die Umfrage zu Beginn zum ‹Selbstschutz› mit einem Disclaimer versieht.»

Darin stünde laut Buess zum Beispiel, dass in der Umfrage auch extreme Ansichten respektive Aussagen vorkommen. Diese müssten aber nicht die Ansichten der SRG widerspiegeln, sollte das Medienhaus weiter klarstellen.

Bereits weniger vor den Kopf gestossen hätte die Umfrage, wenn die Aussagen zumindest in Anführungszeichen gesetzt worden wären. «Um sie als Aussagen respektive Ansichten kenntlich zu machen», sagt Buess.

Aussagen könnten «als Meinung des SRF wahrgenommen werden»

Der Demoscope-Geschäftsleiter kann die Empörung der SP Frauen «entsprechend grundsätzlich» nachvollziehen.

«Im schlimmsten Fall können die Aussagen als Meinung des SRF wahrgenommen werden», sagt er. Auch bestehe die Gefahr, die Umfrage für Fake-News zu missbrauchen.

Denn: «Jemand könnte die Antwort-Optionen abschneiden und mit dem darüberstehenden Logo und der Aussage SRF als ‹anti-woke› darstellen.»

Verzichten würde Buess auf solche Aussagen in Umfragen hingegen nicht. Behauptungen zur Diskussion zu stellen, sei legitim. «Alles andere würde an ein Denkverbot grenzen.»

SRG reagiert

Die SRG hat nach der Anfrage von Nau.ch Anpassungen vorgenommen.

Neu weist die SRG einleitend auf weit auseinandergehende Wahrnehmungen beim Thema Familien und Geschlechterrollen hin. «Hier einige Ansichten aus der Meinungsumfrage ‹Wie geht's Schweiz› der SRG», steht weiter.

Danach folgt die Frage: «Wo stehen Sie?».

Die Darstellungsform dieses interaktiven Tools sei verkürzt, sagt SRG-Mediensprecherin Gianna Blum. «Die Kritik hat uns gezeigt, dass gewisse Fragen und Aussagen aus der Meinungsumfrage irritieren können.»

Darum habe das Unternehmen ein paar einleitende Worte hinzugefügt, die die Fragen in einen Kontext stellten. «Wir bedauern, dass hier ein offensichtlich falscher Eindruck entstanden ist.»

Umfrage ist «Aufgabe des Service Public»

Die kritisierten Fragen waren ursprünglich Teil der grossen Meinungsumfrage «Wie geht’s Schweiz?». Diese führte das Forschungsinstitut GFS Bern im Auftrag der SRG durch.

Das Ziel dieser bereits zum dritten Mal durchgeführten Meinungsumfrage sei eine Momentaufnahme gewesen, sagt SRG-Mediensprecherin Gianna Blum.

Es sei darum gegangen, wie die Bevölkerung in der Schweiz fühle und denke. «Dazu gehört auch das Abfragen von Stereotypen, die immer wieder im politischen Diskurs auftauchen.»

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Die SRG sieht es als ihre Aufgabe, auch Themen abzufragen, die polarisieren. - keystone

Mit der Umfrage zeigt die SRG laut Blum auf, wie viele Menschen tatsächlich solche Aussagen unterstützen oder ablehnen. «Das gehört zu ihrer Aufgabe im Rahmen des Service Public

«SRF diskriminiert keine Personen»

«Die SRG wie auch seine Unternehmenseinheiten SRF, RTS, RSI, SWI und RTR verurteilen Diskriminierung jeglicher Art», sagt Blum. Sie seien sich der eigenen, wichtigen Rolle im medialen Diskurs bewusst.

Sie verweist auf die Publizistischen Leitlinien, die das journalistische Selbstverständnis von SRF definieren. «Dort ist festgehalten, dass SRF keine Personen und keine Gruppen von Personen diskriminiert und diskriminierende Zuschreibungen vermieden werden.»

Die SRG sehe es als ihre Aufgabe, im Rahmen einer thematisch breiten Meinungsumfrage auch Themen abzufragen, die polarisierten, sagt Blum.

Sie hätten dies mit den kritisierten Aussagen zu den Geschlechterrollen getan. «Aber auch mit solchen, die zum Beispiel das liberale Wirtschaftsmodell kritisieren.»

SRG-Anpassungen reichen SP Frauen nicht

Die Anpassung beschwichtigt die SP Frauen aber nicht.

«Die Einleitung relativiert und legitimiert diskriminierende Aussagen», sagt Julia Baumgartner. «Diskriminierung wird so als ‹eine Meinung unter vielen› dargestellt.»

Von einem öffentlich-rechtlichen Sender erwarteten sie einen faktenbasierten, verantwortungsvollen Umgang mit dem Thema.

«Wir sind besorgt über eine Entwicklung beim SRF, in der sexistische und antifeministische Frames unhinterfragt übernommen werden.»

Die Partei behalte sich vor, weitere Massnahmen zu prüfen. «Falls SRF künftig berechtigte Kritik ignoriert.»

Kommentare

User #3051 (nicht angemeldet)

Zum Glück gibt es noch SVP- und FDP-Frauen.

User #3521 (nicht angemeldet)

Ja zur Serafe Halbierung, ich unterstütze solche Unterhörigkeit nicht.

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