Für die Swiss und die Lufthansa kommt es am Donnerstag zum Showdown: Scheitert die 9 Milliarden Euro schwere Staatshilfe an der ausserordentlichen Aktionärsversammlung, droht der Lufthansa die Insolvenz, die auch die Swiss und die Edelweiss in die Tiefe reissen könnte.
Lufthansa
Lufthansa und MSC haben sich für ein Angebot zusammengeschlossen. - Keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach dem Ausbruch der Coronapandemie ist die Lufthansa wochenlang im Sturzflug getrudelt, da sie wegen der Reisebeschränkungen über 95 Prozent des Passagierflugangebots streichen musste.

Auch wenn Europas grösster Airlinekonzern seit den Lockerungen wieder mehr Schub gibt und den Flugbetrieb schrittweise wieder hochfährt, geht immer noch viel Geld verloren. Angesichts der beispiellosen Krise hat die Lufthansa in Deutschland und in den Heimatländern der Töchter in der Schweiz, Österreich und Belgien um Staatshilfe ersucht.

Hierzulande hat das Parlament bereits Anfang Mai Nothilfen in Höhe von 1,275 Milliarden Franken für die Swiss und ihre Schwester Edelweiss bewilligt. Diese können sich damit Kredite von 1,5 Milliarden Franken bei den Banken besorgen. Der Bund garantiert also 85 Prozent der Kreditsumme.

Dieses Geld läge bereit, ist aber noch nicht geflossen: Die Verträge mit den Banken seien noch nicht unterzeichnet, erklärte Swiss-Sprecherin Karin Müller am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP. Deshalb habe die Swiss auch noch keine Gelder bezogen.

Beim Bund und der Swiss blickt man aus diesem Grund am Donnerstagmittag mit Bangen nach Frankfurt. Denn ohne Staatshilfe aus Deutschland fliessen auch keine Bundeshilfen für die Swiss und die Edelweiss. «Wir warten den Entscheid in Deutschland ab», hiess es aus gut informierten Kreisen in der Schweiz.

Eigentlich hätten Millionen bereits geflossen sein sollen: «Die ersten 300 Millionen Franken werden Anfang Juni auf dem Konto der Airline landen», hiess es nach dem Parlamentsentscheid Anfang Mail. Die Kreditvereinbarung mit den Banken habe eine Laufzeit von fünf Jahren und könne um weitere zwei Jahre gestreckt werden, sagte Finanzchef Markus Binkert.

Die Hilfe zieht sich aber hin. Die Lufthansa und der deutsche Staat konnten sich wochenlang nicht über die Konditionen für die Nothilfe einigen. Und jetzt stellt sich noch Lufthansa-Grossaktionär Heinz Hermann Thiele quer, der seine Beteiligung in der Krise auf über 15 Prozent aufgestockt hat. Er kritisiert die vorgesehene Beteiligung des deutschen Staates an der Lufthansa mit bis zu 20 Prozent im Gegenzug für die 9 Milliarden schwere Unterstützung.

Der 79-jährige Milliardär forderte Nachverhandlungen für das mit dem Bund ausgehandelte Rettungspaket. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz hat dies indes ausgeschlossen. Am Montag traf sich Scholz zu einem Gespräch mit Thiele und Lufthansa-Chef Spohr. Danach verteidigte er das staatliche Rettungspaket erneut. Einzelheiten aus dem Gespräch wurden nicht bekannt.

Die Lufthansa fürchtet, dass die Präsenz der Aktionäre auf der Generalversammlung zu niedrig ausfällt und Thiele den Rettungsplan blockieren könnte. Bislang haben sich rund 38 Prozent des Kapitals für die GV angemeldet, wie Lufthansa-Chef Carsten Spohr am Sonntag bekannt gab. «Damit steht fest, dass bei der Abstimmung eine Zweidrittelmehrheit erreicht werden muss, die nach jüngsten Äusserungen von wichtigen Aktionären insbesondere zu den Konditionen der Kapitalerhöhung nicht sicher erscheint.»

«Für den Fall, dass die Hauptversammlung keine Zustimmung für die Stabilisierungsmassnahmen des Bundes erteilt, haben wir umfangreiche Vorbereitungen getroffen, unter anderem, um ein Grounding zu verhindern», schrieb Spohr im Mitarbeiterbrief. «Auch würden wir die verbleibende Zeit bis zur Anmeldung einer Insolvenz nutzen, um mit der Bundesregierung Optionen zu besprechen.»

Auch in der Schweiz fasst man ein Scheitern der Staatshilfe ins Auge: «Wir beobachten die Situation in Deutschland fortlaufend. Selbstverständlich bereitet sich das Swiss-Management professionell auf verschiedene Szenarien vor», erklärte Sprecherin Müller.

Auf die Frage, wie lange das Geld bei der Swiss bei einem Nein noch reiche, sagte die Sprecherin: «Bezüglich der Liquidität machen wir aktuell keine Angaben.» Die Swiss habe bereits im März Kostensparmassnahmen zur Liquiditätssicherung eingeleitet wie beispielsweise die Einführung von Kurzarbeit, ein Einstellungsstopp, die Verschiebung der Auszahlung von Lohnbestandteilen, ein anteiliger Lohnverzicht des Kaders.

«Wir sind weiterhin überzeugt, mit diesen Massnahmen die richtigen Weichen gestellt zu haben, um diese für die Luftfahrt sehr herausfordernde Zeit zu überstehen», erklärte die Swiss-Sprecherin.

Auch der Bund in Bern verfolgt die Entwicklung gemeinsam mit der Swiss und den Banken, wie Sprecher Philipp Rohr von der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) erklärte: «Wir hoffen nach wie vor, dass in Deutschland bald eine gute Lösung gefunden wird. Wir bereiten uns intensiv auf verschiedene Optionen vor.» Einzelheiten zum Plan B wollten weder Rohr noch Müller nennen.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

EdelweissEuroFrankenParlamentStaatAbstimmungAugeLuftfahrtLufthansa