Verhätschelt man seine Katzen oder Hunde, können sie verhaltensauffällig werden. Tierpsychologen haben deshalb jede Menge zu tun – Tendenz steigend.
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Immer mehr Hunde müssen in die Tiertherapie – unter anderem, weil sie verhätschelt werden. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Immer mehr Tiere werden wegen Verhaltensauffälligkeiten zum Tierpsychologen geschickt.
  • Einige Hunde jagen ihren Schwanz und verstümmeln sich, Büsis lecken sich selbst kahl.
  • Dass Tiertherapie so gefragt ist, hängt mit schlechter Haltung oder Erziehung zusammen.
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Ein Hündli, das im Kinderwagen herumkutschiert wird oder ein Büsi, das nur an der Leine nach draussen darf: Haustiere werden gerne verhätschelt.

«Viele Menschen kaufen ihren Hund vor allem aus emotionalen Gründen», erklärte Hundeverhaltensexperte Oliver Weber bei Nau.ch. «Etwa als Kinder- oder Partnerersatz, als Statussymbol. Oder als Unterstützung bei einer psychischen Erkrankung, in der Hoffnung, der Hund wirke therapeutisch.»

Vor dieser Vermenschlichung warnen Expertinnen und Experten: Sie kann für Katzen und Hunde schädlich sein. Die Folgen sind – etwa bei Hunden im Kinderwagen – Bewegungsmangel oder falsche Ernährung und Verhaltensauffälligkeiten.

Tierpsychologin hat «mehr zu tun»

Und wegen genau solcher Verhaltensauffälligkeiten müssen immer mehr Vierbeiner in die Therapie, wie die Basler Tierpsychologin Tina Braun bei Nau.ch sagt. «Es gibt mehr zu tun als noch vor einigen Jahren.»

Das habe damit zu tun, dass die Zusammenarbeit mit Tierärzten und Tierärztinnen immer besser laufe. «Viele empfehlen Verhaltenstherapie, wenn sie feststellen, dass ein Problem keine körperliche Ursache hat.»

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Einige Hunde werden im Kinderwagen herumkutschiert, wie hier in Bern ...
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... oder Büsis an der Leine herumgeführt (Foto ebenfalls aus Bern).
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Kurz: Viele Haustiere werden nicht tiergerecht behandelt, sondern vermenschlicht oder verhätschelt. (Symbolbild)
Tiere
Werden Tiere nicht artgerecht behandelt, kann das dazu führen, dass sie verhaltensauffällig werden. (Symbolbild)
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Tatsächlich landen auch immer mehr Tiere mit Verhaltensauffälligkeiten bei der Tierpsychologin. (Symbolbild)

Gründe für diese Auffälligkeiten seien oftmals Erziehungsdefizite und fehlendes Training. Auch Arlette Niederer vom Schweizer Tierschutz STS sieht Herrchen und Frauchen in der Pflicht: «Verhaltensauffälligkeiten können unter anderem auch dadurch verursacht werden, dass Haustiere nicht tiergerecht gehalten, sondern – wie es oft genannt wird – ‹vermenschlicht› oder ‹verhätschelt› werden.»

Dieses vermeintliche Verwöhnen ist für die Tiere in Wahrheit belastend, betont Niederer: «Sie leiden darunter, dass ihre Bedürfnisse nicht erfüllt und ihre Verhaltensweisen falsch interpretiert werden.»

Hunde jagen Schwanz und Katzen lecken sich kahl

Ein klassisches Beispiel für eine Verhaltensauffälligkeit bei Hunden ist laut Tina Braun, dass sie den eigenen Schwanz jagen. «Dieses Verhalten kann derart ausarten, dass der Hund sich selbst verletzt oder gar verstümmelt.» Häufig sei auch «Pöbeln an der Leine».

Anders bei Büsis: «Mir fällt auf, dass es mehr Fälle gibt, bei denen sich Katzen quasi selbst kahl schlecken.» Dahinter könne auch ein körperliches Leiden stecken – etwa Milben oder Allergien. Das müsse man tierärztlich abklären lassen. «Wenn es keinen Befund gibt, kann man davon ausgehen, dass es sich um ein psychisches Problem handelt.»

Weitere häufige Gründe für einen Besuch bei der Tierpsychologin sind bei Katzen Unsauberkeit oder Streit mit Artgenossen.

Manchmal brauchen Tiere Psychopharmaka

Ein Tier bei der Psychologin – wie muss man sich das überhaupt vorstellen? «Tiere werden nicht in die Therapie geschickt und liegen dann bei uns auf der Couch», schmunzelt Braun.

Zuerst befrage sie den Halter oder die Halterin: «Seit wann besteht das Verhalten, gibt es einen möglichen Auslöser? Wurde es nach und nach schlimmer?»

Sind Sie eher Hunde- oder Katzenfan?

Zudem beleuchte sie die Haltungsbedingungen, Fütterung und vieles mehr. «Damit eine Verhaltenstherapie Erfolg hat, muss ein Besitzer bereit sein, mit mir zusammenzuarbeiten.»

Die gute Nachricht: «Die meisten Verhaltensauffälligkeiten lassen sich behandeln.» Es kommt vor, dass einem Tier auch Psychopharmaka verabreicht werden müssen. Das sei allerdings nur bei «echten» Verhaltensauffälligkeiten nötig, die nichts mit Erziehung zu tun haben.

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