Ex-CS-Chef Tidjane Thiam: «Schweizer Justiz ist rassistisch»
Fünf Jahre nach seinem Abgang nimmt Tidjane Thiam, Ex-Chef der Credit Suisse, die Schweiz hart in die Kritik und spricht von Rassismus.

Das Wichtigste in Kürze
- Ex-CS-Chef Tidjane Thiam (63) fühlt sich vom Schweizer Justizsystem unfair behandelt.
- Er glaubt, dass seine Hautfarbe Einfluss auf die Entscheidungen der Gerichte hatte.
- Die Schweizer sollen ihm, als dunkelhäutiger Person, die Schuld am Untergang der CS geben.
Fünf Jahre war der ivorische Finanzexperte Tidjane Thiam Chef der mittlerweile untergegangenen Credit Suisse. Seit 2020 äussert er sich nun das erste Mal in den Medien und findet für die Schweiz nur negative Worte.
Am 27. Juli trat Tidjane Thiam, ehemaliger Top-Banker und aktueller Präsidentschaftskandidat in der Elfenbeinküste, in einem Interview mit AFO Média auf.
Die Plattform mit Sitz in Frankreich ist im afrikanischen Raum weit verbreitet. Hierzulande jedoch weitgehend unbekannt. Die «Tribune de Genève» hat das Interview entdeckt.
Im Mittelpunkt des Gesprächs standen zunächst die politischen Entwicklungen in der Elfenbeinküste. Insbesondere die umstrittenen Ausschlüsse mehrerer Kandidaten aus dem Präsidentschaftsrennen, darunter Thiam selbst.
Doch im späteren Verlauf des Beitrags verlagert sich der Fokus plötzlich auf die Schweiz. Dort übt Thiam scharfe Kritik – insbesondere an der Justiz – und spricht offen über seine persönlichen Erfahrungen.
Tidjane Thiam: «Ich kann in der Schweiz keinen fairen Prozess bekommen»
Grund für seine harten Worte sind mehrere Gerichtsprozesse, die er in der Schweiz verloren hat. Neustes Beispiel ist das Urteil der Zürcher Justiz. Dieses hatte ihn im Juli in einem Streit mit seiner ehemaligen Haushälterin abgewiesen.
Nach ihrer Entlassung 2021 forderte Thiams frühere Haushälterin 587'000 Franken für unbezahlte Überstunden. Und drohte sogar mit einer Anzeige bei den Gewerkschaften. Zuvor war Thiam bereits zu einer Zahlung von 200'000 Franken an sie verurteilt worden.
Der Ex-CS-Chef fühlt sich ungerecht behandelt. Für ihn ist klar, dass seine Hautfarbe Einfluss auf die Entscheidungen des Gerichts hat: «Ich konnte und habe keinen einzigen Prozess in der Schweiz gewonnen. Die Schweizer Justiz ist für mich rassistisch.»
Auch bei seinem Rücktritt als CEO 2020 habe Rassismus eine Rolle gespielt. Denn er ist sich sicher, er habe die Credit Suisse «mit den besten Ergebnissen der letzten zehn Jahre» verlassen: «Die Schweiz ist überzeugt, dass wenn ihre Bank gescheitert ist, es die Schuld des Schwarzen ist, der sie fünf Jahre lang geführt hat.»