Der Bundesrat will mit dem Covid-Zertifikat Privilegien erlauben. Doch auch Genesene kommen wohl nicht um die Impfung gegen das Coronavirus drum herum.
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Bundespräsident Guy Parmelin, rechts, und Bundesrat Alain Berset äussern sich an einer Medienkonferenz zu den Massnahmen gegen das Coronavirus, am Mittwoch, 28. April 2021, in Bern. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Das Covid-Zertifikat ist ein wichtiger Bestandteil aus dem Drei-Phasen-Plan des Bundes.
  • Mit dem Testat sollen Geimpfte, Getestete und Genesene Privilegien erhalten.
  • Trotz ähnlicher Schutzwirkung kommen Genesene wohl nicht um die Impfung herum.

Der Bundesrat plant den Ausstieg aus der Corona-Misere. In einem Drei-Phasen-Plan soll die Schweiz den Weg zur Normalität finden. Ein wichtiger Bestandteil dieses Plans ist das Covid-Zertifikat.

Um den Weg aus dem Corona-Schlamassel zu finden, sollen Geimpfte, Genesene und zeitnah negativ getestete Personen Privilegien erhalten. Dazu plant der Bund die Einführung eines Covid-Zertifikats analog zu dem, das in der EU geprüft wird. Konkret soll, wer das Testat vorweisen kann, wieder Zugang zu Festivals, Clubs oder Reisen bekommen.

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Der «Grüne Pass» wird etwa in Israel bereits benötigt, um im Kampf gegen das Coronavirus bestimmte Orte zu betreten und an bestimmten Aktivitäten teilzunehmen. - dpa

Coronavirus: Wer ist genesen? – Wer bleibt ein Risiko?

Noch ist unklar, welche Gruppe welche Privilegien einfordern kann. Mehr Details dazu werden im Juni erwartet, wenn die Impfkampagne weit fortgeschritten ist.

Klar ist aber die unterschiedliche Gefahrenlage, die aus den Gruppen hervorgeht. Denn, aus wissenschaftlicher Sicht sind auf das Coronavirus Getestete ein deutlich höheres Risiko als Genesene oder Geimpfte. Sie tragen ein grösseres Risiko, andere Menschen anzustecken und weisen selbst keine Immunität als Schutz vor einer Ansteckung auf.

Weniger klar ist die Unterscheidung zwischen Geimpften und Genesenen. Diverse Untersuchungen haben gezeigt, dass Genesene ein niedrigeres Risiko haben, sich erneut mit dem Coronavirus zu infizieren.

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Der Bund plant, Grossveranstaltungen wieder zu erlauben. - Keystone

Und auch die Impfung bietet zwar einen hohen, aber nicht einen hundertprozentigen Schutz vor einer Erkrankung mit dem Coronavirus. Ob und inwiefern Geimpfte andere Personen mit dem Virus noch anstecken können, zeigt sich erst allmählich. Und auch wie lange der Impfschutz anhält, ist bislang unklar.

Ähnliche Schutzwirkung nach Infektion wie bei Geimpften

«Nach allem, was wir bisher wissen, ist die Schutzwirkung durch eine durchgemachte Infektion in einer ähnlichen Grössenordnung wie die Impfwirkung.» Dies sagt Bernd Salzberger, Infektiologe am Uniklinikum Regensburg. Direkt vergleichen könne man das aber nicht, so der Infektiologe gegenüber dem «Spiegel».

So könne bei einer Infektion allein der Zufall eine Rolle spielen. Etwa, wie viele Viren jemand abbekommen habe. Je nachdem reagiere dann das Immunsystem anders auf die Infektion. Bei einer Impfung sei die Dosis immer dieselbe.

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Reisen mit dem Covid-Zertifikat soll im Sommer trotz Coronavirus möglich sein. (Symbolbild) - Keystone

Hingegen würde bei den Impfungen das Immunsystem nur gegen einen Bestandteil des Virus schützen. Nach einer Infektion würde der Körper gleich mehrere Bausteine des Erregers bekämpfen. Neue Varianten könnten es deshalb nach Infektionen schwerer haben, sich erneut auszubreiten, als dies nach einer Impfung der Fall ist. Unklar bleibe aber bei beiden, «wie lange der Schutz anhält».

Verfallsdatum für Freiheiten

Bei Corona-Genesenen wird derzeit laut einer Studie der europäischen Seuchenbehörde ECDC mit einem Immunschutz von fünf bis sieben Monaten gerechnet. Dies bei einer Schutzwirkung von 81 bis 100 Prozent. Heisst also, dass ein allfälliges Covid-Zertifikat für Genesene mit einem Verfallsdatum versehen sein müsste.

Abhilfe könnte eine Impfung nach einer durchgemachten Infektion schaffen, denn dies verbessert den Schutz eines Genesenen weiter. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsteam aus Grossbritannien. Demnach weisen Genesene nach einer Dosis mit dem Impfstoff von Biontech eine ähnlich starke Immunantwort auf wie zweifach Geimpfte.

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Eine Person erhält eine Impfung. (Archiv) - dpa

Die grösste Herausforderung dürfte für vom Coronavirus Genesenen aber vor allem sein, ihre Genesung nachzuweisen. Viele Erkrankte haben nach einem PCR-Test keinen schriftlichen Nachweis erhalten. Einfache Antikörpertests zeigen eine Ansteckung lediglich, wenn sie noch nicht lange zurückliegt. Und Tests auf neutralisierende Antikörper sind zwar zuverlässiger, aber aufwendig und müssen in entsprechenden Zentren durchgeführt werden.

Für viele Genesene dürfte das Covid-Zertifikat also gar nicht so einfach erschwinglich sein. Heisst: Auch ihr Weg zu den Privilegien führt über die Impfung. Aber auch sonst sind noch viele Fragen zum Zertifikat offen und dürften für reichlich Gesprächsstoff sorgen.

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