Eine neue Studie zeigt: In der Schweiz fühlen sich in Zeiten des Coronavirus deutlich mehr Frauen psychisch nicht gesund. Doch der Geschlechtergraben trügt.
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Männer leiden psychisch unter Corona – merken es aber nicht (Symbolbild). - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • 2022 hat sich die psychische Gesundheit der Menschen in der Schweiz verschlechtert.
  • Auffallend: Es klagen deutlich mehr Frauen über Probleme als Männer.
  • Das heisst aber nicht, dass es den Männern besser geht, so eine Expertin.

Eine neue Studie suggeriert, dass es Frauen in der Schweiz psychisch schlechter geht als Männern: Im dritten Jahr im Zeichen des Coronavirus geben 55 Prozent der Frauen an, sich psychisch nicht gesund zu fühlen. Bei den Männern sind es 44 Prozent.

Doch warum hat die Pandemie Frauen mehr zu schaffen gemacht als Männern? Nun – das stimmt so vielleicht gar nicht, vermutet eine Expertin. Denn Männer nähmen generell seltener wahr, dass etwas nicht stimmt.

Männer nehmen eigene Probleme weniger wahr

Psychologin Ruth Enzler von der Universität Zürich erklärt: «In der wissenschaftlichen Forschung gibt es bezüglich der Geschlechterunterschiede bei Krankheiten einen Satz, der gut hierzu passt: ‹Women are sick, men die.›» (Deutsch: «Frauen sind krank, Männer sterben.»)

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Auch jetzt noch macht das Coronavirus den Menschen in der Schweiz psychisch zu schaffen. Vor allem den Frauen, so eine Studie. (Symbolbild)
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Ob es den Frauen tatsächlich schlechter geht als den Männern, daran zweifelt Psychologin Ruth Enzler aber.
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Denn: Frauen sind eher bereit, sich Hilfe zu holen. (Symbolbild)
Männer
Männer lenken sich eher ab – und nehmen generell seltener wahr, dass etwas nicht stimmt.

Denn: «Viele Studien belegen, dass Frauen eher bereit sind, sich medizinische Hilfe zu holen. Dass sie das Thema Gesundheit mehr beschäftigt und sie ihren Körper, ihre Psyche mehr beobachten.»

Männer seien nicht weniger krank, sie gingen nur seltener zum Arzt. «Sie reden auch eher weniger über diese Themen.»

Wie steht es um Ihre psychische Gesundheit?

Enzlers Erfahrung: «Männer müssen einen höheren Leidensdruck haben, damit sie etwas unternehmen. Oder auch, dass sie überhaupt merken, dass sie sich nicht gut fühlen.»

Statt Hilfe zu holen, würden sie sich oft ablenken, so die Autorin des Buchs «Sicher in unsicheren Zeiten». Etwa mit Risikosportarten oder – bis vor Kurzem – mit Alkohol oder Tabak.

Zukunftsängste bleiben auch nach dem Coronavirus Thema

Auch interessant an der Studie: Bei der zweiten Befragung im Juni war das psychische Wohlbefinden schlechter als bei der ersten Anfang Jahr. Und das, obwohl das Coronavirus dann weniger Thema war.

Enzler erklärt sich das so: «Möglicherweise hat Corona Spuren hinterlassen. Die Zeit des Lockdowns war für viele ein Schock, die wirtschaftliche Situation hat sich bei vielen noch nicht erholt.»

Mit Krieg und Teuerung sind die Zeiten der Stabilität vorbei, so die Expertin. «Wir wissen nicht, was noch auf uns zukommt. Ob wir uns all diesen Komfort, den wir bis 2019 hatten, in Zukunft noch leisten können.»

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