Aufgrund des Coronavirus gilt nun in einigen Kantonen die Maskenpflicht in Läden. Epidemiologen sind skeptisch: Andere Räume seien wichtiger.
Eine Schülerin der Klasse 8a der Gesamtschule in Münster, hebt ihre Mund- und Nasenmaske an um etwas zu trinken. Foto: Guido Kirchner/dpa
Eine Schülerin der Klasse 8a der Gesamtschule in Münster, hebt ihre Mund- und Nasenmaske an um etwas zu trinken. Foto: Guido Kirchner/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Bisher haben sechs Kantone die Maskenpflicht in Geschäften eingeführt.
  • Ein Epidemiologe meint, Läden seien nur zweitrangig in der Pandemie.
  • Was eine Maskenpflicht generell in geschlossenen Räumen bringt, wird diskutiert.

Fünf Kantone haben bisher aufgrund des Coronavirus die Maskenpflicht in Geschäften eingeführt. Vor allem die Kantone der Westschweiz sind hier Vorreiter: Waadt, Genf, Jura und Neuenburg setzen auf den Mundschutz beim Einkaufen.

Auch Basel-Stadt ist als erster Deutschschweizer Kanton mit von der Partie. Die Frage, ob nun weitere Kantone folgen werden, blieb bisher noch offen. Am Montagnachmittag hat nun auch Zürich die Maskenpflicht in Läden beschlossen. Der Epidemiologe Marcel Salathé ist jedoch überzeugt: Die Läden sind nur der «Nebenschauplatz» der Pandemie.

Viel wichtiger sei es, dass man auf der Arbeit, in den Schulen und an Events eine Pflicht einführen würde. «Dort werden Masken den grössten epidemiologischen Effekt haben», schreibt Salathé auf Twitter.

Aerosole bleiben lang in der Luft

Auch der Tessiner Epidemiologe Andreas Cerny sieht das grösste Problem in Sachen Coronavirus nicht beim wöchentlichen Einkauf. Gegenüber Nau.ch erklärt er: «In Läden, wo jeder seine Ware selbst aus dem Regal holt, entstehen eher wenig Tröpfchen und Aerosole. Und in der Regel ist man auch nicht sehr lange im Laden.»

Coronavirus
Klinikdirektor Andreas Cerny von der Clinica Luganese Moncucco. Als Virologe beobachtet er die Entwicklung des Coronavirus. - Epatocentro Ticino

Folgende Faktoren seien ausschlaggebend für eine Übertragung: «Je länger ich mich an einem Ort aufhalte, je näher ich mich bei der infizierten Person befinde und je mehr Aktivitäten stattfinden, bei denen Tröpfchenwolken und Aerosole entstehen, desto eher kommt es zur Übertragung.»

Als Beispiele nennt er Clubs, Bars, Restaurants oder etwas das Chorsingen.

Kurzum: «In geschlossenen Räumen können Aerosolwolken länger in der Luft bleiben und auch über einige Meter Distanz hinweg eine Person infizieren.» Daher mache eine Maskenpflicht in geschlossenen Räumen auch Sinn, wenn man den Sicherheitsabstand von 1,5 Metern einhalten könne.

Coronavirus wird in Innenräumen zum Problem

Das deutsche Robert Koch-Institut (RKI) warnt: Bei längerem Aufenthalt in schlecht belüfteten Räumen erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung durch Aerosole. Dies auch über eine Distanz, die grösser ist als zwei Meter.

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Die Atemluft eines ausatmenden Mannes ohne Mundschutz wird bei einem Versuch der Universität der Bundeswehr München erfasst und farblich dargestellt. Die Aerosole werden immer mehr in den Fokus gerückt im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Foto: Christian Kähler/Universität der Bundeswehr München/dpa - dpa

Auch der frühere Präsident der Internationalen Gesellschaft für Aerosole in der Medizin, Gerhard Scheuch weiss um die Gefahr von Aerosolen. Er verweist in Sachen Ansteckungen in Innenräumen auf eine neue Studie aus China.

Diese besagt, dass von 318 untersuchten Ausbrüchen mit drei oder mehr Infektionsfällen nur ein einziger im Freien stattgefunden habe. Zu beachten ist jedoch, dass es sich hierbei um Daten von Januar bis Februar handelt, also eher bei Drinbleiben-Wetter.

Beispielrechnung zeigt Gefahr von Aerosolen auf

Gegenüber der «Badischen Zeitung» rechnet Scheuch ein Beispiel vor: Dafür nimmt der Experte an, dass in einem Raum 50 Viren pro Liter Luft sind. Würde eine Person in zehn Minuten etwa 150 Liter Luft inhalieren, seien darin rund 7500 Viren enthalten.

Maskenpflicht
Mitarbeiterinnen eines Supermarkts mit Schutzmasken. - dpa

Er macht deutlich: «Laut meinen amerikanischen Kollegen aus Harvard reichen schon 300 bis 1000 Viren aus, um eine Infektion auszulösen.» Dies würde bedeuten, dass diese Person mindestens das Siebenfache der Grenzdosis des Coronavirus abbekommen hat.

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