Nach den Ansteckungen in einem Bündner Jugendlager kommt wieder die Frage auf: Wie ansteckend sind Kinder und Jugendliche in Sachen Coronavirus wirklich?
Coronavirus Sommerlager
Sind Kinder doch ansteckender als gedacht? - Keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • In einem Jugendlager steckten sich sieben Kinder und Betreuer mit dem Coronavirus an.
  • Dies trotz eingehaltenem Schutzkonzept, die Ansteckungen wurden erst später bemerkt.
  • Sind Kinder also doch ansteckender als man vermutete?

Während der zweiten Juliwoche steckten sich in einem Jugendlager der christlichen Organisation Adonia sieben Kinder mit dem Coronavirus an. Aktuell befinden sich 14 Personen in Isolation, 196 Personen in Quarantäne sowie zwei Personen in Spitalpflege.

Der Kanton Graubünden meldete seit Montag sechs Neuinfektionen im Alter von 10 bis 19 Jahren. Wie Rudolf Leuthold, Amtsleiter des Gesundheitsamts Graubünden gegenüber Nau.ch bestätigt, seien diese Fälle mit dem Jugendlager verknüpft.

Pfadilager
Die meisten Sommerlager der Vereine fanden dank Erlaubnis vom Bundesrat trotz Coronavirus statt. - Keystone

Wie alt genau die Kinder jedoch sind, könne er aus Datenschutz-Gründen nicht verraten.

Nun stellt sich die Frage aller Fragen der Corona-Krise auf ein Neues: Wie ansteckend sind Kinder wirklich? Die Meinungen zu dem Thema gehen seit jeher auseinander, auch Experten scheinen sich nicht einigen zu können.

Kinder sind laut BAG keine Verbreiter des Coronavirus

In der Schweiz bekannt geworden als die «Enkel-Frage», sorgte die Ansteckungsgefahr von Kindern wochenlang für Verwirrung.

Daniel Koch, ehemaliger Beauftragter für Covid-19 beim Bundesamt für Gesundheit (BAG), betonte während dem Höhepunkt der Pandemie klar: Kinder seien mit grosser Sicherheit nicht die Treiber des Coronavirus.

sommer Daniel Koch Coronavirus
Daniel Koch ist der ehemalige Leiter der Abteilung für Übertragbare Krankheiten beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). - Keystone

Auch der Schweizer Epidemiologe Marcel Salathé meint in einer SRF-Sondersendung im April: «Wenn sie eine wichtige Rolle spielen würden, hätte man das schon lange gesehen.»

Das deutsche Robert Koch-Institut (RKI) ging bei der damaligen Datenlage hingegen davon aus, dass dies nicht ausgeschlossen werden könne. Das deutsche Gegenstück zu Koch, Christian Drosten, setzte sich mit seiner Meinung jedoch gehörig in die Nesseln.

Coronavirus Christian Drosten
Christian Drosten ist Lehrstuhlinhaber und Direktor des Instituts für Virologie an der Charité in Berlin. - Keystone

Denn er betonte mittels einer Studie, dass Kinder ähnliche Infektionsraten aufweisen wie Erwachsene auch. Dies führte zu grosser Empörung, auch unter Fachleuten. Nicht zuletzt aufgrund der von Statistikern als mangelhaft bezeichneten Erhebungsmethode.

Drosten überarbeitete die Studie, blieb aber bei seiner Kernaussage.

Kinder könnten Rolle bei zweiter Welle spielen

Auch der Epidemiologe Andreas Cerny kann keine genauen Angaben zur Ansteckungsgefahr von Kindern geben. «In der ersten Ausbreitungswelle spielten sie in den meisten Ländern eine untergeordnete Rolle. Es kann aber durchaus sein, dass beim Wiederaufflackern der Epidemie Kinder und Jugendliche eine wichtige Rolle spielen.»

Coronavirus
Klinikdirektor Andreas Cerny von der Clinica Luganese Moncucco. Als Virologe beobachtet er die Entwicklung des Coronavirus. - Epatocentro Ticino

«Das Coronavirus sucht sich seinen Eingang dort, wo wir die Türe nicht gut geschlossen haben», so Cerny. Ob und wie Kinder und Jugendliche aber die Pandemie befeuern, hänge von einer Reihe unterschiedlicher Faktoren ab.

Ob die Lager doch hätten verboten bleiben sollen? «Das würde ich nicht so sagen. Solange wir ein funktionierendes ‹Contact Tracing› haben und die Kontaktlisten korrekt geführt werden, sollten wir dazu in der Lage sein.»

Sommerlager
Hier ein Bild einer Jubla im Sommerlager. - Community

Schuldzuweisungen seien in dieser Situation wenig hilfreich, beschwichtigt der Epidemiologe. «Es ist ein Lernprozess an welchem wir alle teilnehmen. Das Virus verschwindet so bald nicht und je früher wir lernen damit umzugehen, desto weniger wahrscheinlich wird eine zweite Welle

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

SRFStudieCoronavirus