Amnesty International kritisiert Polizeigewalt an Berner Gaza-Demo
Amnesty International Schweiz kritisiert den Polizeieinsatz bei der Gaza-Demo in Bern als «ungerechtfertigt und exzessiv».
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Das Wichtigste in Kürze
- Amnesty spricht von schwerwiegenden Fehlern beim Polizeieinsatz in Bern.
- Mindestens 326 Personen wurden laut Freiwilligen medizinisch behandelt.
- Die Organisation fordert eine unabhängige Untersuchung der Intervention.
Amnesty International Schweiz kritisiert die Polizeiintervention bei der eskalierten Gaza-Demonstration in Bern als «ungerechtfertigt und exzessiv». Zu diesem Schluss kommt die Organisation auf Grundlage von Beobachtungen und 180 Zeugenaussagen.
«Auch wenn eine Gruppe erhebliche Sachschäden verursacht hat, war die Reaktion der Polizei von schwerwiegenden Fehlern geprägt.» Das liess sich Juristin Alicia Giraudel am Dienstag in einer Mitteilung zitieren.
So seien friedliche Demonstrierende und Unbeteiligte verletzt worden. Freiwillige Rettungskräfte hätten mindestens 326 Personen behandelt.
Insbesondere die Einkesselung kritisierte Amnesty International in ihrem Bericht: Sie sei plötzlich und unter Einsatz von Gewalt ohne klare Warnung erfolgt. Dadurch habe sich die Menschenmenge nicht auflösen können. Zudem seien Schutzbedürftige durch die lange Dauer gefährdet worden.
Auch bei der Kommunikation der Polizei machte die Organisation Mängel geltend. Durchsagen seien nur direkt auf dem Bundesplatz hörbar gewesen, zudem hätten widersprüchliche Anweisungen für Verwirrung gesorgt: Zunächst seien Anwesende via Schauplatzgasse zum Bahnhof geleitet worden, anschliessend via Spitalgasse. In Ersterer fand schliesslich die Einkesselung statt.
Untersuchung gefordert
Die Berner Kantonspolizei gab auf Anfrage von Amnesty an, die Mitteleinsätze angekündigt zu haben. Die Stellungnahme von Kommandant Christian Brenzikofer liegt Keystone-SDA vor. Die Einkesselung der «militanten und gewaltbereiten Gruppierungen» hatte demnach unter anderem zum Ziel, den friedlichen Teilnehmenden eine Platzkundgebung zu ermöglichen.
An Nachbesprechungen wird laut der Stellungnahme auch an die Polizei gerichtete Kritik berücksichtigt. Amnesty International begrüsst diese Initiative als «ersten positiven Schritt», fordert aber eine weitergehende Untersuchung des Einsatzes.
Bislang keine Anzeige
Bei der unbewilligten Pro-Palästina-Demonstration vom 11. Oktober kam es zu schweren Ausschreitungen, Randalierer verursachten Sachschaden in Millionenhöhe. Die Polizei setzte unter anderem Tränengas, Gummischrot und Wasserwerfer ein. Ihr zufolge wurden 18 Einsatzkräfte verletzt.
Mehr als 500 Personen hat die Polizei in diesem Rahmen kontrolliert. Zur Anzeige gebracht wurde bisher niemand, wie die Berner Kantonspolizei auf Anfrage mitteilte. Die Ermittlungen seien nach wie vor im Gange.
Kanton Bern reagiert
Keine Freude an der Medienmitteilung von Amnesty International hat derweil der Kanton Bern. Dieser empört sich in einer Mitteilung über «unbelegte Behauptungen und Verharmlosung von Gewalt».
Die Darstellung von Amnesty sei «einseitig», lässt der Kanton weiter verlauten. Man verharmlose zudem die von einer «grossen Anzahl vermummter Teilnehmer angewandte massive Gewalt».
Der Kanton kritisiert zudem, die von Amnesty getätigten Anschuldigungen würden auf Hörensagen basieren. «Keine der Aussagen von angeblich Betroffenen wird durch Tatsachen untermauert», heisst es weiter.
«Keine friedliche Kundgebung»
Dementsprechend könne der Bericht nicht als «unabhängig» bezeichnet werden.
Sicherheitsdirektor Philippe Müller meint dazu: «Mit ihrem Bericht droht Amnesty International zum Sprachrohr der gewalttätigen Kundgebungsteilnehmenden zu verkommen.»
Fakt sei, dass es sich «um keine friedliche Kundgebung gehandelt» habe, so der Kanton in seiner Mitteilung weiter. Sondern um eine «unbewilligte und äusserst gewaltsame Demonstration».
















