Alt Bundesrätinnen fordern Bundesrat zum Handeln in Gaza auf
In einem offenen Brief appellieren ehemalige Bundesrätinnen, bekannte Kulturschaffende und Vertreter der Zivilgesellschaft an die humanitäre Verantwortung.

Das Wichtigste in Kürze
- 15 schweizerische Organisationen fordern in einem Brief den Bundesrat zum Handeln auf.
- Zu den Unterzeichnenden gehören auch Alt-Bundesrätinnen Dreifuss und Calmy-Rey.
Bundesrat Ignazio Cassis (64, FDP) und sein Aussendepartement (EDA) haben sich bisher eher vorsichtig durch den Nahost-Konflikt navigiert. Cassis hatte letzte Woche vor einer Hungersnot im Gazastreifen gewarnt.
Trotzdem wächst die Kritik an der zögerlichen Position des Bundesrats: 15 schweizerische Organisationen appellieren in einem offenen Brief an das humanitäre Gewissen der Schweiz.
Unterstützung von politischen und kulturellen Schwergewichten
Dieser Appell wird von politischen und kulturellen Schwergewichten unterstützt: darunter alt SP-Bundesrätinnen Micheline Calmy-Rey (79) und Ruth Dreifuss (85). Aber auch Kulturschaffende wie Moderatorin Gülsha Adilji (39) oder Satiriker Renato Kaiser (39), sowie etwa 100 weitere Unterzeichner.

Die Schweiz ist Depositarstaat der Genfer Konventionen und sollte daher die Durchsetzung ihrer Normen weltweit fördern. Dies gilt auch für Gaza, so die Initiatoren des Briefes.
«Wenn in Gaza Völkerrecht und grundlegende Menschlichkeit systematisch verletzt werden, darf der Bundesrat nicht schweigen, sonst macht er sich mitverantwortlich.» So wird die ehemalige Bundesrätin Calmy-Rey zitiert.
Der breit unterstützte Appell enthält einen 10-Punkte-Plan für die Landesregierung: Die Schweiz soll sich aktiv für einen sofortigen Waffenstillstand einsetzen und den Schutz der Zivilbevölkerung gewährleisten.
Auch soll sie humanitäre Hilfe sicherstellen und die finanzielle Unterstützung für das Uno-Hilfswerk UNRWA wieder aufnehmen.
Forderungen an den Bundesrat
Weitere Forderungen sind unter anderem ein Einsatz für die bedingungslose Freilassung aller zivilen Geiseln und unrechtmässig inhaftierten palästinensischen Gefangenen.
Der Bundesrat soll auch eine offizielle Stellungnahme zur Möglichkeit eines Völkermords in Gaza abgeben. Und auch völkerrechtswidrige Aussagen israelischer Regierungsmitglieder verurteilen.

Darüber hinaus sollte die Schweiz den Export von Kriegsmaterial und Überwachungsgütern nach Israel sofort stoppen. Und weiter soll sie ihre Nahostpolitik, die eine Zwei-Staaten-Lösung vorsieht, «hinsichtlich ihrer menschenrechtlichen und völkerrechtlichen Kohärenz» überprüfen.
Federführend bei diesem Appell sind die folgenden Organisationen: Die Menschenrechtsorganisationen Swiss Humanity Initiative, Amnesty International, Vereinigung Jüdische Stimme für Demokratie und Gerechtigkeit in Israel/Palästina sowie Palestine Solidarity Switzerland. Sie betonen, dass ihre Forderungen «unabhängig von der Täterseite» gelten.
Neue Verteilung von Hilfsgütern
Seit einigen Tagen läuft eine neu angelaufene Verteilung von Hilfsgütern im Gazastreifen. Durchgeführt wird es von der Gaza Humanitarian Foundation (GHF).
Zahlreiche Palästinenser hatten nach israelischen Medienberichten am Dienstag ein neues Zentrum zur Verteilung von Lebensmitteln im Gazastreifen gestürmt.

Palästinensische Rettungskräfte berichteten, in der Nähe des Zentrums in Rafah seien drei Menschen durch Schüsse der israelischen Armee getötet worden. Zudem seien Dutzende weitere verletzt worden.
