Noch vor einem Jahr ist Blutplasma von Covid-19-Genesenen als Hoffnung gebende Therapie bezeichnet worden. Doch dem ist gar nicht so.
Blutplasma
Blutplasma - AFP/Archiv
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Das Wichtigste in Kürze

  • Blutplasma von Corona-Genesenen nützt in der Medizin nichts.
  • Auch schwer kranken Patienten hilft die Plasma-Behandlung nicht.

Noch vor einem Jahr ist Blutplasma von Covid-19-Genesenen als Hoffnung gebende Therapie bezeichnet worden. Doch diese auf Blutplasma-Spenden beruhende Behandlung mit SARS-CoV-2-Antikörpern dürfte keinen Platz mehr in der Intensivmedizin haben.

Auch schwer kranken Patienten hilft die Plasma-Behandlung nicht. Das hat eine internationale Studie ergeben, die nun in der Zeitschrift der US-Ärztegesellschaft (Journal of the American Medical Association, JAMA) erschienen ist.

Erwartungen waren wegen Ebola-Vergleich gross

Das Rekonvaleszenten-Plasma enthält auch Immunglobulin-G-Antikörper gegen das Coronavirus. In den vergangenen Jahrzehnten wurden solche Plasma-Therapien immer wieder gegen Viruserkrankungen eingesetzt, zum Beispiel gegen Ebola-Infektionen. Dementsprechend waren vor allem zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie die Erwartungen gross.

Wissenschaftlichen Untersuchungen auf die Wirksamkeit hat diese Strategie aber nicht standgehalten. Am Montag wurde bei der Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Intensivmedizin die sogenannte REMAP-CAP-Studie vorgestellt und zeitgleich in «JAMA» publiziert.

Kriterium für Sinnlosigkeit wurde erreicht

Die Forschenden um Lise Estcourt vom John Radcliffe Hospital in Oxford und die Co-Autoren an 129 Spitälern in vier Staaten nahmen insgesamt 2011 Covid-19-Patienten in kritischem Zustand in die Untersuchung auf.

Durch Zufall wurde bestimmt, dass etwa die Hälfe von ihnen (1084) zwei Einheiten von Rekonvaleszenten-Plasma innerhalb von 48 Stunden erhielt. 916 Kranke bekamen diese Therapie nicht. Das Durchschnittsalter der Probanden lag bei 61 Jahren.

«Die Studie wurde abgebrochen, nachdem das vorher festgelegtes Kriterium für Sinnlosigkeit (der experimentellen Therapie; Anm.) erreicht worden war», heisst es in «JAMA». Es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen in der Zahl der Tage, während derer die Erkrankten nicht Organ-unterstützende Therapien benötigten.

Sterblichkeit war gleich hoch bei Behandelten

Die Sterblichkeit war in der Gruppe mit Plasmatherapie de facto gleich hoch wie in der Gruppe ohne diese Behandlung. In allen zwölf gemessenen Parametern gab es für die beiden Gruppen gleiche Resultate. Hingegen wurde bei drei Prozent der mit dem Spenderplasma Behandelten eine schwere Nebenwirkung registriert, in der Vergleichsgruppe war das bei 1,3 Prozent der Fall.

Die zwischen März 2020 und Januar 2021 durchgeführte Studie ist die zweite grosse wissenschaftliche Untersuchung zu diesem Thema mit eindeutig negativem Ergebnis bezüglich der Plasmatherapie.

Therapie wurde wohl zu spät begonnen

In die sogenannte Recovery-Studie, die im Januar im «New England Journal of Medicine» publiziert worden ist, waren 10'046 Covid-19-Patienten mit unterschiedlich schwerer Erkrankung zur Hälfte mit Rekonvaleszenten-Plasma behandelt worden. Wie die Autoren um Martin Landray (Universität Oxford) unter anderem mitteilten, lag die Sterblichkeitsrate in beiden Gruppen bei etwa 24 Prozent.

Als wahrscheinlichster Grund für diese Fehlschläge wird von Experten das Faktum genannt, dass offenbar mit der Therapie zu spät begonnen wurde, um den Verlauf der Covid-19-Erkrankung noch beeinflussen zu können.

Die Therapie mit Rekonvaleszenten-Plasma gegen Covid-19 wurde bisher ausserhalb von Studien besonders häufig in den USA eingesetzt. Dort hatten bis März dieses Jahres mehr als 500'000 Patienten diese Behandlungsform erhalten.

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