Kraken sind Eigenbrötler und gehen normalerweise nicht auf Parties. Gibt man ihnen dennoch Ecstasy, werden sie richtiggehend gesellig, ähnlich wie wir Menschen.
Der Kalifornische Zweipunktkrake Octopus biomaculoides. Solche Tiere haben mehr mit uns gemeinsam als bisher gedacht. Bild: Tom Kleindinst/Marine Biological Laboratory
Der Kalifornische Zweipunktkrake Octopus biomaculoides. Solche Tiere haben mehr mit uns gemeinsam als bisher gedacht. Bild: Tom Kleindinst/Marine Biological Laboratory - Community

Das Wichtigste in Kürze

  • Oktopusse sind Einzelgänger. Das ändert sich, wenn sie Ecstasy nehmen: Sie werden viel sozialer, zeigt eine Studie.
  • Die Erklärung: Die Gene, die für die Wirkung der Droge verantwortlich sind, ähneln sich bei Oktopus und Mensch.
  • Was die Steuerung des Sozialverhaltens angeht, ist der Krake uns also ähnlicher als gedacht.
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Dass Oktopusse sich mit Fussball auskennen, wissen wir spätestens seit Paul dem Kraken-Orakel. Dass sie Marmeladengläser öffnen und äusserst intelligent sind, wissen wir auch. Was wir aber nicht wissen ist: warum. Denn aus evolutionsbiologischer Sicht haben die acht-armigen Wirbellosen mehr mit Schnecken und Muscheln gemein als mit uns. Und sie haben eine komplett andere Gehirnanatomie. Dennoch reagieren sie manchmal erstaunlich ähnlich wie der Mensch. Zumindest dann, wenn man ihnen Ecstasy gibt. Was kurios klingt, haben zwei Biologen der Johns Hopkins Universität in den USA tatsächlich getan.

In fünf einzelnen Experimenten liessen sie verschiedene Versuchstiere der etwa einen Meter grossen Zweipunktkrake Octopus bimaculoides in einem Becken schwimmen. Im gleichen Becken befand sich jeweils auch ein anderer Oktopus, eingesperrt in einem Käfig. Normalerweise sind Oktopusse eher Einzelgänger und bei zu viel Nähe greifen sie ihre Artgenossen sogar an. So hielten die Kraken im Versuchsbecken denn auch Abstand von jenen hinter Gittern. Wenn die Forschenden die Tiere jedoch in MDMA – dem Wirkstoff von Ecstasy – badeten, verbrachten die Kraken viel mehr Zeit in der Nähe des Käfigs, ja sie umarmten diesen sogar und suchten regelrecht Körperkontakt mit dem anderen Oktopus.

Eine Erklärung für die neugefundene Kuscheligkeit, wie sie auch Konsumenten psychoaktiver Substanzen kennen – Wissenschaftler bezeichnen das als prosoziales Verhalten – liegt in den Genen: Das Gen für den Gehirnrezeptor, der für die Wirkung von MDMA verantwortlich ist, ist bei Octopus bimaculoides und Mensch nahezu identisch. Das ist erstaunlich, denn uns trennen 500 Millionen Jahre Evolution.

Der betreffende Rezeptor empfängt normalerweise den Botenstoff Serotonin – das berühmte Glückshormon, dass unter anderem auch gesellig macht. Diese Steuerung des Sozialverhaltens durch Serotonin sei im Laufe der Evolution also sehr gut erhalten geblieben, interpretieren die Forschenden ihre Ergebnisse. Will heissen: Paul und sein Nachfolger Paul II. haben mehr mit uns Menschen gemein, als nur die Liebe zum Fussball.

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