Sind mit dem Coronavirus infizierte Menschen schon ansteckend, bevor sie selbst etwas merken? Eine deutsche Studie ist nun der Frage nachgegangen.
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Museums-Besucher mit Gesichtsmasken küssen sich. (Symbolbild) - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Laut einer Studie ist das Coronavirus bereits vor den ersten Symptomen ansteckend.
  • Dies könnte die Kontrolle der Pandemie erschweren.

Vier Monate nach den ersten Fällen des Coronavirus in Deutschland haben Wissenschaftler die Ansteckungsketten der ersten Patientengruppe detailliert analysiert.

Die in der Fachzeitschrift «The Lancet Infectious Diseases» veröffentlichte Studie bestätigt, dass Infizierte bereits vor den ersten Symptomen ansteckend sein können.

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Um sich und andere vor dem Coronavirus zu schützen, werden seit geraumer Zeit Masken getragen. Was passiert, wenn sich Personen absichtlich selbst (und andere) infizieren (Symbolbild)? - sda

Die Forscher um Merle Böhmer vom bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Udo Buchholz vom Robert Koch-Institut und Victor Corman von der Berliner Charité untersuchten die ersten Corona-Fälle.

Coronavirus vor Symptomen weitergegeben

In mindestens einem der insgesamt 16 untersuchten Fälle habe ein Infizierter das Coronavirus weitergegeben, bevor er Symptome hatte, berichten die Autoren. Möglicherweise traf dies sogar für fünf weitere Fälle zu.

In mindestens vier Fällen steckte ein Infizierter andere Menschen an jenem Tag an, an dem die Symptome gerade begannen. Fünf weitere Fälle könnten in diesen Zeitraum fallen, schreiben die Autoren.

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Ein Spender mit Desinfektionsmittel steht bereit im Congress Center in Basel. (Symbolbild) - keystone

Dass die Infektiosität noch vor Symptombeginn oder kurz danach erheblich sei, bedeute für Gesundheitsmassnahmen eine riesige Herausforderung, folgert das Team. Zudem sei die Inkubationszeit, die durchschnittlich 4,0 Tage betrug, oft sehr kurz gewesen. «Eine globale Eindämmung von Covid-19 könnte schwer zu erreichen sein», betonen die Forscher.

«Hindernis für Kontrolle der Pandemie»

Dies unterstreichen auch Jan Rybniker und Gerd Fätkenheuer von der Uniklinik Köln in einem «Lancet»-Kommentar. «Das passt zu anderen Resultaten, die die Häufigkeit präsymptomatischer Übertragungen auf bis zur Hälfte aller Infektionen schätzen. Das ist eines der gravierendsten Hindernisse für eine Kontrolle der Pandemie

Im Falle einer grösseren Ausbreitung reiche die traditionelle Verfolgung von Kontakten nicht mehr aus. «Daher werden neue Technologien wie Kontaktverfolgungs-Apps dringend benötigt, um die Pandemie effektiv zu kontrollieren», betonen die Kölner Experten.

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Eine Frau mit Maske. (Archivbild) - keystone

Das betont auch Annelies Wilder-Smith von der London School of Hygiene & Tropical Medicine (LSHTM) in einem Statement: Die Studie unterstreiche die Bedeutung der Verfolgung von Übertragungsketten durch Contact Tracing und Quarantäne von Kontakten.

«Alle Länder, die eine rigorose Kontaktverfolgung eingeführt haben, waren am effektivsten darin, die Zahl der Neuinfizierten klein zu halten. Südkorea, Taiwan, Hongkong, Thailand, Vietnam und Singapur sind eindeutige Beispiele für Länder, die nicht an Ressourcen und Technologie sparen, um eine rigorose Ermittlung von Kontaktpersonen durchzuführen. Alle waren erfolgreich.»

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