Noch gibt es sie gar nicht: Impfstoffe gegen das Coronavirus. Die neuen, genetischen Ansätze bei der Entwicklung sorgen aber für Bedenken.
Impfstoffe Coronavirus Kritik
Nikolai Petrovsky, Direktor von «Vaxine», einer australischen Biotech-Firma, hält ein Fläschchen mit einem Corona-Impfstoff im Labor der Flinders University in Adelaide, Australien, am 2. Juli 2020. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Fieberhaft suchen Forscher auf der ganzen Welt nach Impfstoffen gegen das Coronavirus.
  • Viele der Impfstoff-Kandidaten basieren auf neuen, genetischen Technologien.
  • Diese sollen zwar effizienter sein, sind aber noch nicht voll ausgereift.

«Wann kann man mit einem Corona-Impfstoff rechnen?», werden Behördenvertreter und Fachleute immer wieder gefragt. Eine konkrete Antwort vermag kaum jemand zu geben. Von «hoffentlich im Herbst» bis «vielleicht gar nie» reicht das Spektrum.

Schliesslich hat die Wissenschaft es während Jahrzehnten nicht geschafft, gegen das Erkältungsvirus Impfstoffe zu entwickeln. Und dieses, das Rhinovirus, ist nahe verwandt mit dem Coronavirus. Im Gegensatz zum Grippevirus: Nicht verwandt, Impfung möglich, aber sie muss meist jährlich angepasst werden.

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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei einem Besuch eines industriellen Entwicklungslabors der Impfstofffabrik Sanofi Pasteur in Marcy-l'Etoile bei Lyon. - keystone

Altes Prinzip, neue Methode

Abgesehen von der «passiven Impfung», bei der direkt Antikörper von bereits infizierten Menschen gespritzt werden, funktionieren Impfungen stets gleich. Ziel ist, das Immunsystem bereits mit dem Virus bekannt zu machen. Es lernt und erinnert sich, welche Antigene da noch kommen könnten. Sobald der Erreger im Körper auftaucht, kann er mit voller Wucht bekämpft werden.

Das geschieht, indem man inaktive oder tote Viren oder Virenbestandteile einschleust. So kann das Immunsystem reagieren. Der Körper wird nicht krank, aber fallsweise reagieren Geimpfte mit etwas Fieber oder Unwohlsein.

Impfung Spritze
Eine Spritze wird vor den Schriftzug «Impfung» gehalten. - Keystone

Bei der Hepatitis-B-Impfung wird ein Protein aus der Viren-Oberfläche verwendet, bei Mumps, Masern und Röteln dagegen abgeschwächte, ganze Viren. Bei der Tetanus-Impfung genügt es, den biologisch inaktiven Bestandteil des Tetanus-Giftstoffs zu verabreichen. Bei der Grippe-Impfung kommen mehrere Varianten zur Anwendung. Wie immer im Leben hat jede Variante Vor- und Nachteile – und jetzt gibt es auch noch neue, genetische Methoden.

Mit Viren-Genen gegen Viren

Das gleiche Prinzip – den Körper schon mal mit den Viren-Proteinen bekanntmachen – verfolgen auch diese genetischen Impfstoffe. Dazu werden DNA-Stücke, die die «richtigen» Proteine kodieren, direkt in menschliche Zellen gebracht. Die Zelle «liest» den DNA-Code, baut die entsprechende RNA, die wiederum den Bauplan für das Protein enthält.

RNA-Impfstoff Thailand Coronavirus
Bei einem RNA-Impfstoff werden keine giftigen Substanzen oder Zellkulturen verwendet. - Keystone

Die Methode hat den Vorteil, dass so garantiert keine (potentiell krankmachende) Virenbestandteile im Körper landen. Die Produktion von DNA-Stücken geht enorm schnell, was im Falle einer Pandemie essentiell wäre. Das Vermehren von ganzen Viren kann dagegen Monate dauern oder ist in einigen Fällen gar nicht möglich. Die Hoffnung besteht auch, dass so ein Grippe-Impfstoff gefunden wird, der auch für die Folgejahre wirkt.

Nachteile und Lösungsansätze

Wem das nun etwas gefährlich vorkommt, in seinem eigenen Körper auch noch Virenproteine zu produzieren, hat nicht ganz unrecht. Theoretisch wäre es möglich, dass die fremde DNA ins eigene Erbgut eingebaut wird, oder das Tumore ausgelöst werden. Auch Antibiotikaresistenzen könnten übertragen oder Autoimmunerkrankungen ausgelöst werden.

DNA Modell
Modell des DNA-Moleküls mit der typischen Doppel-Helix. - Pixabay

Daran arbeitet die Wissenschaft noch, entsprechend ist auch noch kein DNA-Impfstoff für Menschen zugelassen. Vermieden werden könnte all dies aber durch RNA-Impfstoffe. RNA kann nicht ins Erbgut eingebaut werden und wird im Körper leicht wieder abgebaut.

Cool Corona?

Mittlerweile gibt es über 60 Kandidaten für einen Corona-Impfstoff. Was medizinisch bewanderten Zeitgenossen Sorgen mach: Viele davon sind DNA- oder RNA-Impfstoffe. Wird eine unausgereifte Technologie in der Krise als Notlösung gepusht?

Genkanone DNA Impfung
Eine Platte mit gelartigem Labormaterial, sogenanntem Agar, wird mit einer «Genkanone» mit DNA-beschichteten Goldkügelchen «beschossen», um eine genetische Immunisierung zu simulieren, im Labor des Freiburger Biotech-Unternehmens Genovac am Dienstag, 22. Juli 2003. - Keystone

Die gute Nachricht: Das Coronavirus gehört zu den RNA-Viren, hat also gar keine eigene DNA. Ein weitaus harmloserer RNA-Impfstoff wäre also naheliegender. Noch mehr gute Nachrichten: Bei RNA-Impfstoffen entfällt der Pieks.

Denn geimpft wird nicht mit der Spritze, sondern mit einer sogenannten Genkanone. Die RNA wird an klitzekleinen Goldkügelchen haftend in den Muskel geschossen. Wie cool ist das denn?

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