Atemwegsinfekte wie Corona könnten schlafende Krebszellen wecken
Neue Studien zeigen, dass Corona-Infektionen schlafende Krebszellen wecken und Metastasen fördern könnten.

Forscher aus den USA und Grossbritannien haben an Mäusen einen Zusammenhang zwischen viralen Atemwegsinfekten und der Aktivierung schlafender Brustkrebszellen nachgewiesen.
Die Studie, veröffentlicht in «Nature», zeigt, dass sich durch eine Atemwegsinfekte die Metastasenlast in der Lunge um ein Vielfaches erhöhte.
Entzündungsfördernde Botenstoffe sind relevant
Dabei spiele der entzündungsfördernde Botenstoff Interleukin-6 (IL-6) eine wichtige Rolle. So bestätigten es Experten des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), wie die «Welt» berichtet.
Mäuse mit schlafenden Brustkrebszellen infizierten sich, erholten sich, entwickelten aber stark vermehrte Lungenmetastasen. Diese tierexperimentellen Resultate legen nahe, dass Entzündungen Tumorzellen aus der Ruhestellung reissen können.

Der Heidelberger Onkologe Hellmut Augustin erklärte, der direkte Nachweis der Aktivierung sei neu, der Zusammenhang selbst aber bekannt. Das erhöhte Metastasenrisiko solle auch beim Menschen gelten – was epidemiologisch untersucht wurde.
Kann Corona wirklich das Krebsrisiko erhöhen?
Ein amerikanisch-britisches Forscherteam analysierte Gesundheitsdaten von etwa 4800 Krebs-Überlebenden aus der britischen UK-Biobank.
Die Auswertung deutet darauf hin, dass eine Sars-CoV-2-Infektion das Sterberisiko fast verdoppeln könnte.
Zudem erhöhte Covid-19 bei Brustkrebsüberlebenden die Wahrscheinlichkeit für Lungenmetastasen um rund 40 Prozent. Doch DKFZ-Epidemiologe Rudolf Kaaks kritisierte diese Daten wegen potenzieller Verzerrungen und fehlender Sicherheiten bei Todesursachen. wie die «Welt» dokumentiert.
Wissenschaftler sind sich unschlüssig
Deutliche Einschränkungen sah auch André Karch vom Universitätsklinikum Münster. Er ergänzte, dass Infektionen den Verlauf aktiver Krebserkrankungen verschlechtern können.

Die vorliegenden epidemiologischen Analysen seien seiner Meinung nach nicht ausreichend. Man könne den Einfluss von Covid-19 auf schlafende Tumorzellen nicht klar belegen.
Laut der «Welt» bleibt daher offen, in welchem Ausmass coronaassoziierte Atemwegsinfekte schlafende Krebszellen bei Menschen wecken und Metastasen fördern. Weitere Studien sind notwendig, um Ursache und Wirkung präziser zu klären.