«Wir schaffen das»: Eine geteilte Bilanz
Vor zehn Jahren äusserte Angela Merkel ihren berühmtesten Satz: «Wir schaffen das». Währen sie bei ihrer damaligen Entscheidung bleibt, gibt es auch Kritik.

Am 31. August 2015 prägte Angela Merkel mit drei Worten die deutsche Flüchtlingspolitik für ein Jahrzehnt. «Wir schaffen das» wurde zum Symbol für Deutschlands Umgang mit der grössten Migrationsbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg.
Diese Entscheidung, hunderttausende Geflüchtete aufzunehmen, stellte das Land vor beispiellose Herausforderungen, so die «Tagesschau». Die Folgen waren unmittelbar spürbar: Über eine Million Asylanträge in den Jahren 2015 und 2016 brachten Kommunen, Schulen und Unterkünfte an ihre Belastungsgrenze.
Die AfD, die zuvor auf dem absteigenden Ast war, erstarkte erneut und etablierte sich als dauerhafte Opposition zur Migrationspolitik. Gleichzeitig habe es laut Merkel eine grosse Willkommenskultur gegeben.
«Wir schaffen das» spaltete die Union
Bereits im September 2015 entstanden erste Risse in der Geschlossenheit der Union, die sich über die Jahre vertieften. Besonders die CSU übte scharfe Kritik an Merkels Kurs und forderte eine restriktivere Haltung.
Mit Friedrich Merz' Wahl zum CDU-Vorsitzenden 2022 war die Richtungsentscheidung gefallen. Die Union brach offiziell mit Merkels Flüchtlingspolitik und rief die «Asylwende» aus, wie die «Bild» berichtet.

Heute stellt die Union unter Merz der ehemaligen Kanzlerin ein vernichtendes Zeugnis aus. CDU-Generalsekretär Linnemann kritisiert laut der «Tagesschau», dass von den 6,5 Millionen eingewanderten Menschen weniger als die Hälfte in Arbeit sei.
Integration zwischen Erfolg und Herausforderung
Die Arbeitsmarktintegration der 2015 gekommenen Geflüchteten zeigt ein differenziertes Bild. Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung liegt die Beschäftigungsquote bei 64 Prozent.

Das sind laut dem «Deutschlandfunk» nur sechs Prozentpunkte unter dem Gesamtdurchschnitt. Besonders in Engpassberufen wie Verkehr, Logistik und Gesundheitswesen fanden viele eine Anstellung.
Dennoch bleiben strukturelle Probleme bestehen, insbesondere bei der Integration von Frauen. Unzureichende Kinderbetreuung, geringere Bildungsabschlüsse und späte Teilnahme an Integrationskursen erschweren ihre Arbeitsmarktintegration.
Merkels Verteidigung und Europas Versagen
Angela Merkel bleibt auch zehn Jahre später bei ihrer Überzeugung, «Wir schaffen das», und bereut ihre damalige Entscheidung nicht. Sie betont laut der «Tagesschau», dass Menschenwürde und Menschlichkeit weiterhin die Leitplanken der Flüchtlingspolitik bleiben müssten.

Für sie war die Alternative, Menschen gewaltsam an der Grenze zurückzudrängen, niemals eine Option. Die ehemalige Kanzlerin sieht ihre Politik als Prozess und zieht eine positive Zwischenbilanz: «Bis jetzt haben wir viel geschafft.»
Merkel räumt jedoch ein, dass es ihr nicht gelungen sei, Europa in der Flüchtlingspolitik zu einen. Stattdessen wurde sie unter den Regierungschefs zunehmend isoliert, was die Lösung des Problems erheblich erschwerte.