Im Ukraine-Krieg sind schon unzählige Zivilisten ums Leben gekommen. Eine Expertin für Menschenrechte befürchtet viele Tote in Mariupol.
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Russische Streitkräfte bei der Evakuierung von Zivilisten in Mariupol. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • In Mariupol sollen bereits tausende Zivilisten ums Leben gekommen sein.
  • Das behauptet die UN-Menschenrechtsbeauftragte in der Ukraine, Matilda Bogner.
  • Bislang habe ihr Team 4000 Todesfälle dokumentiert, die wahre Zahl liege aber viel höher.

In Mariupol sind nach Überzeugung der UN-Menschenrechtsbeauftragten in der Ukraine Tausende Zivilisten ums Leben gekommen.

Matilda Bogner, Leiterin der Kommission, die die Menschenrechtslage in der Ukraine seit 2014 untersucht, sagte am Dienstag in Genf, bislang habe die Sicherheitslage es nicht erlaubt, die Fälle einzeln zu dokumentieren.

Daran werde aber gearbeitet. «Mariupol ist das grosse schwarze Loch», sagte Bogner. «Wir gehen davon aus, dass es dort im Ukraine-Krieg Tausende Tote gab, Zivilisten, die wegen der Kämpfe umgekommen sind.»

Ukraine-Krieg: Menschen getötet, verletzt und verschwunden

Ihr Team von knapp 60 Expertinnen und Experten habe Büros im ganzen Land. Es habe seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar zahlreiche Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Darunter könnten auch Kriegsverbrechen sein, sagte sie.

«Menschen berichten uns, dass Verwandte, Nachbarn und Freunde getötet, verletzt und festgenommen wurden und einige verschwunden sind», sagte Bogner. Sie berichtete von einer fünfköpfigen Familie, von denen drei Angehörige bei der Flucht im Auto von russischen Soldaten erschossen worden seien.

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Ein zerstörter Panzer und ein beschädigtes Gebäude im Ukraine-Krieg in Mariupol. - dpa

Ein 70-jähriger Mann habe von seinem Zufluchtsort im Keller einer Schule berichtet, der so überfüllt gewesen sei, dass er im Stehen schlafen musste und sich an ein Geländer band, um nicht umzufallen. Ihr Team habe bislang knapp 4000 Todesfälle dokumentiert, sagte Bogner. Die wahre Zahl liege um Tausende höher.

Anhaltende Berichte über Vergewaltigungen

Menschenrechte würden auch verletzt, wenn Alte und Kranke keine medizinische Versorgung hätten, so Bogner. In einem Dorf seien etwa zehn ältere Menschen im Keller einer Schule gestorben, weil sie dort teils Wochen ausharren mussten und nicht versorgt werden konnten. Es gebe anhaltende Berichte über Vergewaltigungen im Ukraine-Krieg, überwiegend von Mädchen und Frauen, aber auch Jungen und Männern.

Mindestens 204 Menschen seien gegen ihren Willen verschleppt worden, darunter 169 Männer, 34 Frauen und ein Junge, sagte Bogner. Täter seien fast ausschliesslich russische Soldaten und mit ihnen verbündete Gruppen etwa in der Ostukraine gewesen. Es gebe zudem glaubhafte Berichte, dass russische Soldaten in ukrainischem Gewahrsam misshandelt und gefoltert worden seien.

Bogner kritisierte, dass sowohl ukrainische als auch russische Streitkräfte Schulen als Basis für ihre Einsätze nutzen und dort auch schwere Waffen lagern.

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