Nach der Freistellung von Geheimdienstchef Iwan Bakanow hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj weitere Entlassungen in der Behörde angekündigt.
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Der nun geschasste Geheimdienst-Chef Iwan Bakanow ist ein Jugendfreund Selenskyjs. (Archiv) Foto: Ukrainian Presidential Press Off/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Führung in Kiew ist offensichtlich mit der Arbeit der eigenen Aufklärung unzufrieden.
  • Selenskyj hat die Entlassung von weiteren 28 Mitarbeitern des Geheimdienstes angekündigt.

Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Entlassung von 28 Mitarbeitern des ukrainischen Geheimdienstes SBU angekündigt. Es gehe um unterschiedlich hohe Posten und Funktionen, «aber die Begründungen sind ähnlich: unbefriedigende Arbeitsergebnisse», sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache am Montagabend.

Am Vortag hatte er bereits seinen Geheimdienstchef und Jugendfreund Iwan Bakanow sowie die Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa suspendiert.

Nun stellte Selenskyj eine Revision der gesamten Arbeit des Geheimdienstes in Aussicht.

Der ukrainische Präsident hatte sich zuletzt verärgert darüber geäussert, dass mehr als 60 Mitarbeiter von SBU und Generalstaatsanwaltschaft in den besetzten Gebieten geblieben seien. Kiew wertet dies als Hochverrat.

Medien verwiesen allerdings auch darauf, dass der 47-jährige Bakanow als Fachfremder nur wenig Autorität unter seinen Angestellten genossen habe.

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Olena Selenska, die Frau von Wolodymyr Selenskyj, hat am Montag (Ortszeit) auf den US-Aussenminister in Washington getroffen. - AFP/Archiv

Derweil traf Selenskyjs Gattin, Olena Selenska, am Montag in den USA Aussenminister Antony Blinken. Am Mittwoch will die ukrainische First Lady vor dem Kongress um weitere Hilfe bitten. Die USA ist der grösste Waffenlieferant für die Ukraine.

Der Oberkommandierende der ukrainischen Streitkräfte bedankte sich am Montag beim Vorsitzenden des Vereinigten Generalstabs der US-Streitkräfte, Mark Milley, für die Lieferung der Raketenwerfer Himars. Diese hätten dazu beigetragen, die Lage an der Front zu stabilisieren.

Ungarn torpediert Russlandpolitik der EU

Die Sanktionspolitik der EU gegen Russland sorgt erneut für Diskussionen innerhalb der Staatengemeinschaft. EU-Chefdiplomat Josep Borrell kritisierte am Montag bei einem Aussenministertreffen in Brüssel mit deutlichen Worten öffentlich geäusserte Zweifel am Kurs der EU. Zugleich machte er deutlich, dass die EU aus seiner Sicht an ihrer Politik festhalten wird. Bereits in dieser Woche soll eigentlich ein siebtes Sanktionspaket beschlossen werden, das unter anderem ein Gold-Embargo gegen Russland umfasst. Ob das klappt, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Die Beratungen über die Details sollten erst am Montagabend beginnen.

Bereitet Ihnen der Ukraine-Krieg Sorgen?

Ungarns Ministerpräsident Orban hatte wenige Tage vor dem Aussenministertreffen deutliche Kritik an der Sanktionspolitik der EU geübt - obwohl die Sanktionen nur einstimmig, also nur mit ungarischer Unterstützung beschlossen werden können. Anfänglich habe er noch geglaubt, man hätte sich nur «ins eigene Knie geschossen», jetzt sei aber erkennbar, dass es ein Schuss in die Lunge der europäischen Wirtschaft gewesen sei, die jetzt überall um Luft ringe, sagte Orban am Freitag im ungarischen Radio.

US-Repräsentantenhaus für Nato-Beitritt von Finnland und Schweden

Das US-Repräsentantenhaus unterstützt einen Beitritt Finnlands und Schwedens zur Nato. Die Abgeordneten votierten am Montagabend (Ortszeit) mit 394 zu 18 Stimmen für eine entsprechende Resolution. Darin bringen sie ihre Unterstützung für die «historische Entscheidung» Finnlands und Schwedens zum Ausdruck und fordern alle Nato-Mitglieder auf, die Beitrittsprotokolle zügig zu ratifizieren.

Vor zwei Monaten hatten Finnland und Schweden nach dem russischen Angriff auf die Ukraine die Aufnahme in das westliche Verteidigungsbündnis beantragt. Die Hälfte der Nato-Staaten hat den Beitritten von Schweden und Finnland nach Angaben aus Stockholm bereits zugestimmt. Besonderes Augenmerk ist nun darauf gerichtet, wie der Ratifizierungsprozess in der Türkei voranschreitet.

Russland stellt Ukraine härtere Bedingungen in Aussicht

Unzufriedenheit herrscht auch auf der Gegenseite: Russland hat der Ukraine im Fall einer Wiederaufnahme von Friedensgesprächen härtere Bedingungen als zuvor in Aussicht gestellt.

Bei den Verhandlungen im März in der Türkei seien konkrete Resultate erzielt worden, ehe Kiew den Kontakt abgebrochen habe, klagte Juri Uschakow, ein Berater von Russlands Präsident Wladimir Putin, am Montag der Nachrichtenagentur RBK zufolge.

Putin
Kremlchef Wladimir Putin. - Keystone

«Wenn jetzt also die Verhandlungen wieder aufgenommen werden, dann zu völlig anderen Bedingungen», sagte Uschakow - ohne Einzelheiten zu nennen.

Kriegskritiker in Russland im Visier

Die russischen Behörden gehen derweil hart gegen Kriegskritik im eigenen Land vor. Nach Angaben des Bürgerrechtlers Pawel Tschikow haben Innenministerium, Ermittlungskomitee und der Geheimdienst FSB inzwischen 200 Strafverfahren gegen Kriegsgegner eröffnet. In vielen Fällen dient das im März im Eilverfahren durchgebrachte umstrittene Fake-Gesetz als Grundlage für die Strafverfolgung. Insgesamt greifen die Behörden aber auf 22 verschiedene Paragrafen zurück, um Kritik am Krieg, der in Moskau nur «militärische Spezialoperation» genannt werden darf, zu unterdrücken.

Das wird am Dienstag wichtig

Kremlchef Putin und der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan treffen sich am Dienstag mit Irans Präsident Ebrahim Raisi. Bei dem Gipfel in der iranischen Hauptstadt Teheran sind offiziell Gespräche über eine Verbesserung der Lage im Bürgerkriegsland Syrien geplant.

Putin, Raisi und Erdogan (v.l.n.r.)
Putin, Raisi und Erdogan (v.l.n.r.) - Sputnik/AFP/Archiv

Nach Kremlangaben geht es allerdings um eine ganze Reihe von Fragen zur internationalen Politik, darunter der Krieg in der Ukraine. Das Treffen findet kurz nach einer mehrtägigen Reise des US-Präsidenten Joe Biden in die Region statt. Biden kehrte erst am Wochenende aus Saudi-Arabien zurück - dem grossen regionalen Rivalen Irans.

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