Ukraine-Krieg: Russland immer mehr von kriminellen Banden abhängig
Der Ukraine-Krieg hat auch einen Einfluss auf die organisierte Kriminalität in Russland. Der Staat selbst ist teilweise sogar auf die Netzwerke angewiesen.

Das Wichtigste in Kürze
- Russland fehlt wegen der westlichen Sanktionen wichtige Militär-Ausrüstung.
- Um diese dennoch zu erhalten, dealt der Kreml mit Schmuggel-Banden.
- Ein Beispiel: Wer Mikrochips liefert, erhält freie Hand beim Drogenhandel.
Die Eskalation im Ukraine-Krieg ist schon fast zwei Jahre her. Mittlerweile ist klar: Der andauernde Konflikt hat nicht nur Folgen für das Kriegsgebiet selbst, sondern auch für die russische Gesellschaft.
Immer wieder wird beispielsweise darüber berichtet, dass zurückkehrende Soldaten eine Gefahr für Russinnen und Russen darstellen könnten. Zudem hat der Staat seine Repressionsmassnahmen infolge des Kriegs nochmals verschärft.
Nun zeigt ein neuer Bericht des Historikers und Russland-Experten Mark Galeotti: Der Ukraine-Krieg hat ebenfalls Folgen, was die kriminellen Netzwerke in Russland angeht. Denn selbst der Kreml wird zunehmend abhängig von solchen Banden.
Nicht alle Banden profitieren vom Ukraine-Krieg
Grund dafür sind die Sanktionen des Westens gegen Russland. So fehlt der russischen Armee oftmals die notwendige Technologie. Die Lösung: Kriminelle Netzwerke schmuggeln solche Ausrüstung nach Russland – Moskau schaut bei anderen illegalen Machenschaften weg.
Galeotti zitiert in seinem Bericht einen Europol-Mitarbeiter, der diese unheilige Allianz so veranschaulicht: «Wenn du hilfst, Mikrochips zu schmuggeln, kann der FSB ein Auge zudrücken, wenn es um deinen Drogenhandel oder Menschenhandel geht.»
Beim Export werden demnach ebenfalls solch dubiose Akteure eingesetzt, um die Sanktionen zu umgehen. Doch nicht nur fürs Ausdribbeln der westlichen Massnahmen sind die Banden gefragt. Auch in der Spionage oder bei Drohungen gegen Kreml-Gegner im In- und Ausland braucht der Staat sie.

Man muss anfügen, dass der Ukraine-Krieg nicht nur positiv für die Verbrecherbanden ist. Grosse transnational tätige Strukturen würden laut Galeotti zu den Verlierern zählen.
Gerade Netzwerke, die zwischen Russland und der Ukraine operierten, mussten ihre Geschäfte einstellen. Dafür profitierten solche mit Verbindungen zu Belarus, Armenien oder Zentralasien.
Mark Galeotti zieht in seinem Bericht entsprechend ein gemischtes Fazit: «Vielleicht ist es insgesamt kein guter Krieg für russische Gangster. Aber nicht für alle.»