Ukraine-Krieg: Russland dominiert elektronische Kriegsführung

In modernen Konflikten ist die elektronische Kriegsführung ein entscheidender Faktor. Das ist auch im Ukraine-Krieg nicht anders. Gerade in diesem Bereich sieht es für Kiew im Vergleich mit Moskau jedoch nicht gut aus.

In der «SRF»-Sendung «Echo der Zeit» sagt Dominika Kunertova vom Zentrum für Sicherheitsstudien an der ETH Zürich: «Russland hat die Oberhand.» Moskau investiere seit einiger Zeit viel in die elektronische Kriegsführung – das zeige sich nun.

Doch weshalb ist diese Überlegenheit im Ukraine-Krieg von Belang?

Grundsätzlich hat die elektronische Kriegsführung drei Ziele. Erstens will man die Kommunikation und die Navigation des Gegners stören. Zweitens versucht man, die Waffen des Gegners durch falsche Signale vom Ziel abzubringen. Und drittens will man direkt die Kontrolle über die Waffen des Gegners erlangen und sie steuern.

Wie Kunertova ausführt, heisst das im Falle der Ukraine konkret, dass sie sich weniger gut gegen russische Drohnen wehren kann. Zudem verlieren Kiews Waffen aufgrund von Störsignalen ihre Präzision. «Dies bedeutet für die Ukraine eine Verschwendung von Munition», so die ETH-Sicherheitsexpertin. Gerade mit Blick auf wertvolle Waffen aus dem Westen wie die Himars-Raketen tut dies weh.

Besonders erfolgreich aus russischer Sicht ist das sogenannte Shipovnik-System. Dieses stört mithilfe von elektromagnetischen Wellen die Verbindung von Drohnen zu ihren Piloten am Boden. So stürzt das Flugobjekt dann oftmals ab.

Im Gegensatz dazu sind die Systeme der Ukrainer meist veraltet. Kunertova erklärt: «Die Ukraine operiert hauptsächlich mit elektronischen Kriegführungssystemen aus der Sowjet-Ära.»

Immerhin setze man inzwischen auch ein neues System namens Pokrova ein. Allerdings helfe dieses bisher vor allem gegen die eher bescheidenen Drohnen aus dem Iran, die von Russland verwendet werden. Aber nicht gegen die russischen Drohnen selbst.

Die Unterlegenheit der eigenen Systeme gibt Ukraine-Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj indes zu. In einem Essay schrieb er Anfang November, Russland habe der elektronischen Kriegsführung schon vor der Krim-Annexion 2014 «grosse Aufmerksamkeit» geschenkt.

Fast die gesamte veraltete Ausrüstung sei in den letzten Jahren modernisiert worden. Das Pokrova-System und weitere Systeme versprechen aber Besserung.

Klar ist: Moderne westliche Technik könnte der Ukraine auch in diesem Bereich helfen. Dennoch sind die USA und die anderen Länder bisher sehr zurückhaltend. Laut Kunertova gibt es einen klaren Grund dafür: «Der Westen will seine Geheimnisse nicht den Russen offenbaren, deshalb zögern die USA und die Europäer immer noch.»

Denn sollte Russland im Ukraine-Krieg an Informationen zur US-Ausrüstung gelangen, könnten sich diese weiterverbreiten. China oder der Iran könnten dann davon profitieren, was die Position der USA schwächen würde.

Kunertova fasst es so zusammen: «Es geht darum, über den Horizont hinauszuschauen – über den Ukraine-Krieg hinaus.»

Dazu kommt: Es weiss auch niemand so recht, ob die US-Technologie den Russen tatsächlich überlegen wäre.