Auch im Ukraine-Krieg fahren unzählige Russen auf die Krim in die Ferien. Dafür nehmen sie den Weg durchs Kriegsgebiet in Kauf und betreiben Kriegstourismus.
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Auch während des Ukraine-Kriegs geniessen Russen die Ferien auf der besetzten Halbinsel Krim. (Archivbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Russen fahren durch das Kriegsgebiet auf die Krim in die Ferien.
  • Einige schauen sich dabei Mariupol an – «es lohnt sich».
  • Seit Kriegsausbruch sind die Besucherzahlen auf der besetzten Halbinsel aber eingebrochen.
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Seit der völkerrechtswidrigen Annexion ist die russisch besetzte ukrainische Halbinsel Krim bei russischen Touristen beliebt. Während des Ukraine-Kriegs sind die Besucherzahlen zwar eingebrochen. Unzählige Russen lassen sich aber auch von den Angriffen auf die Halbinsel nicht von den Ferien dort abhalten. Dafür kommt ein weiteres Element zum Urlaub hinzu: Kriegstourismus.

Die unabhängigen Journalisten des russischsprachigen Portals Bereg haben mit den Touristen auf der Krim gesprochen. Jewgeni beispielsweise reiste aus der Umgebung von Moskau an: «Ich fahre jeden Sommer auf die Krim – und nichts hält mich davon ab.»

Glauben Sie, dass der Ukraine-Krieg bald beendet wird?

Er sei in Rostow am Don gewesen, als er erfahren habe, dass es auf der Krim-Brücke eine Explosion gab. Deswegen nahm er eine alternative Route – durch das Kriegsgebiet. Auf dem Weg habe er auch die zerbombte Stadt Mariupol angeschaut: «Ein Teil davon ist wieder aufgebaut, es lohnt sich auf jeden Fall, sie mit eigenen Augen zu sehen.» Es sei nichts Beängstigendes dabei gewesen, man habe sicher fahren können.

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Auch dieses Jahr geniessen wieder unzählige Russen die Ferien auf der besetzten Krim. (Archivbild)
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Wegen der Explosion auf der Krim-Brücke mussten einige einen Umweg nehmen – direkt durch das Kriegsgebiet.
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Der Umweg führte auch durch die zerbombte Stadt Mariupol. Ein «Schock» finden dies einige, «es lohne sich», meinen andere.
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Denn ein grosser Teil sei bereits wieder aufgebaut.

Jewgeni war nicht der Einzige, der durch die lange Zeit hart umkämpfte und nun russisch kontrollierte Stadt fuhr. Ein weiterer Tourist aus Moskau sagt aber, es sei ein «Schock» gewesen. In Sudak auf der Krim spüre er aber nichts vom Krieg, auch die Einheimischen seien «ganz gelassen».

Auch Alina reiste wie jedes Jahr von der grenznahen Stadt Belgorod auf die Krim. Dabei fuhr sie durch das Kriegsgebiet, vorbei an Melitopol und Saporischschja. Auf der Heimreise werde sie die gleiche Route nehmen, denn in den letzten zehn Jahren habe sich nicht viel verändert. Sie vergleicht die Situation auf der Krim mit jener in ihrer Heimatstadt: «Bei uns ist es noch schlimmer.»

Deutlich weniger Touristen auf der Krim als vor dem Ukraine-Krieg

Während die Touristen sorgenfrei sind, bedrücken die gesunkenen Besucherzahlen die Hoteliers. Gegenüber «Radio Free Europe» sagt Hotelbesitzerin Olga, dass nur knapp zehn Prozent der Zimmer belegt seien. Normalerweise war ihr Hotel von Juni bis September stets ausgebucht. Andere Hotelbetreiber sprechen 40 bis 50 Prozent Auslastung.

Zahlen liefert Dmitri Tschernyschenko, der stellvertretende russische Ministerpräsident: «Seit Anfang Jahr haben 2,4 Millionen Touristen auf der Krim Urlaub gemacht», sagt er der staatlichen Nachrichtenagentur Interfax. Im Vorjahr seien es 6,3 Millionen gewesen, vor dem Krieg gar 9,5 Millionen.

Um dem gegenzusteuern, bieten Hoteliers grosszügige Rabatte an. Und auch das Aussenministerium auf der Krim macht Werbung: Auf Twitter werden Videos geteilt, auf denen Touristen ganz entspannt der Ufer-Promenade entlangschlendern. «Die Tourismus-Saison ist in vollem Gange», wird dazu geschrieben.

Vor einem Jahr gab es auf der Krim andere Bilder, die die Russen wohl ganz bewusst nicht zeigen. Damals flüchteten verängstigte Touristen vom Strand, während im Hintergrund eine schwarze Rauchsäule aufstieg.

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