Ukraine-Krieg: Heiraten boomt – Scheidungen gehen markant zurück
Während des Ukraine-Kriegs soll es nichts zu feiern geben? Ganz im Gegenteil: Jetzt heiraten sogar mehr ukrainische Paare. Das Bedürfnis nach Stabilität steigt.

Das Wichtigste in Kürze
- Seit Beginn des Ukraine-Kriegs ist das Bedürfnis nach Stabilität offenbar gestiegen.
- Ukrainische Paare haben vermehrt geheiratet – und sich weniger scheiden lassen.
- Eine Heirat bedeutet auch eine finanzielle Absicherung für Witwen toter Soldaten.
In der ersten Hälfte des letzten Jahres heirateten in der Ukraine über 100'000 Paare. Dies entspricht einem Anstieg von 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig sank die Zahl der Scheidungen um 42 Prozent. Offenbar hat der Ukraine-Krieg das Bedürfnis nach Stabilität steigen lassen.
Wer heute in der Ukraine heiraten will, muss nicht lange warten. Vor der russischen Invasion im Februar 2022 mussten sich Paare etwa einen Monat gedulden, bis alle Dokumente geprüft worden waren. Nun geht das alles innerhalb eines Tages – ohne Voranmeldung.
Im vergangenen März wurde ein Gesetz verabschiedet, das dies ermöglicht. Denn: Die Nachfrage war riesig. Mittlerweile hat sich die Situation wohl wieder etwas beruhigt. In der Hauptstadt Kiew finden täglich aber immer noch etwa 10 bis 20 Trauungen statt.
Soldaten kriegen Fronturlaub für Hochzeit
Mit dem Krieg hat sich vieles verändert. Nicht nur das Tempo, sondern auch die Art und Weise, wie geheiratet wird, schreibt die «NZZ».
Witali Tschorni arbeitet auf dem Standesamt in Kiew und erzählt, dass es oft vorkomme, dass Paare in Uniform vor ihm stehen. Oder der Bräutigam sei an der Front und könne nur per Videoanruf an der Zeremonie teilnehmen. In diesem Fall erscheine die Braut alleine.
Eigentlich erhalten Soldaten drei Tage Fronturlaub, um zu heiraten – allerdings wird dieser nicht immer bewilligt.
Hochzeit als finanzielle Absicherung
Prunkvolle Diamantringe kommen eher selten vor. «Manche Paare bringen Eheringe mit, die aus Granaten-Splits oder Patronenhülsen gefertigt sind», erklärt Tschorni der Zeitung.
Jedoch hat der Hintergrund des schnellen Heiratens auch eine Schattenseite. Es sei schon vorgekommen, dass die Ehefrau wenige Tage nach der Trauung mit dem Totenschein ihres Mannes zurückgekommen sei, bedauert Tschorni.
Schliesslich ist die Hochzeit auch eine Absicherung für den Fall, dass der Ehemann an der Front umkommt. Nur dann hat die Witwe Anrecht auf finanzielle Unterstützung vom Staat.