Im Ukraine-Krieg konnte sich ein Fischer aus Mariupol retten, indem er entlang der Küste schwamm, bis er von den Ukrainern kontrolliertes Gebiet erreichte.
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Das zerstörte Theater in Mariupol. Beim Angriff sind laut Angaben der Stadt 300 Menschen gestorben. - EPA/Donetsk Regional Civil-Military
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Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Fischer im Meer von den russischen Besatzern in Mariupol geflohen.
  • Er schwamm15 Kilometer, bis er in die Nähe von ukrainisch kontrolliertem Gebiet kam.
  • Das Wasser sei eiskalt gewesen, seine Zähne hätten «geklappert».

Als am 16. März eine russische Bombe in das Theater von Mariupol einschlug und Hunderte Ukrainer tötete, entschloss sich Dimitry Yurin zur Flucht. «Es war schrecklich, eine gewaltige Explosion. Ich habe Schreie über Schreie gehört», erzählt Yurin gegenüber dem britischen «Guardian».

Er habe viele Leichen und Körperteile gesehen. Er habe eine Frau, dann ein Mädchen und dann einen Jungen aus den Trümmern gezogen. «Alle waren verletzt, die Beine des Jungen bewegten sich nicht, er schrie, meine Hände zitterten, ich war voller Blut.»

Ukraine-Krieg
Dmitry Yurin entkam den russischen Besatzern im Ukraine-Krieg über den Wasserweg. - Screenshot/theguardian.com

Yurin meinte er sei nach der Explosion zurück in die Garage gegangen, wo er mit seiner Mutter Unterschlupf suchte. Er zündete sich eine Zigarette an und schluckte einige Tabletten. Es war der Moment im Ukraine-Krieg, als er sich entschied, dass er Mariupol verlassen werde.

Das Problem: Die Stadt war bereits zu diesem Zeitpunkt von allen Seiten her von der Aussenwelt abgeschnitten. Die Russen bombardierten Mariupol mittlerweile seit rund zwei Wochen ununterbrochen. Yurin dachte sich deshalb einen aussergewöhnlichen Plan aus: Er beschloss, sich in Sicherheit zu schwimmen.

Ukraine-Krieg: Yurin benutzt 5-Liter-Flaschen als Auftriebshilfen

Der langjährige Fischer schnallte sich seine Anglerhosen an. Er nahm zwei Müllsäcke mit, um sie um seine Socken zu binden, eine Schnur, und vier 5-Liter-Plastikflaschen als Auftriebshilfen. Mit diesem improvisierten Kostüm machte er sich zu Fuss auf den Weg zum Strand.

Dort angekommen, schwamm er 150 Meter hinaus, parallel zum Ufer und machte sich auf den Weg nach Westen. Das Wasser sei eiskalt gewesen. «Meine Zähne klapperten, ich versteckte mich hinter einer der Flaschen, damit mich niemand sehen konnte. Manchmal habe ich mich auf dem Floss ausgeruht.»

Mariupol Russland
Der Hafen von Mariupol. Dieses Bild wurde kurz vor dem Einmarsch der Russen aufgenommen. - Keystone

Zweieinhalb Stunden lang schwamm er so im eiskalten Wasser. Die 15,5 Kilometer lange Route führte ihn unter anderem an der russischen Stellung bei Ryabtske vorbei. Schliesslich verliess er im Dorf Melekine, das vor dem Ukraine-Krieg ein Badeort war, das Wasser.

Er fand dort ein älteres Ehepaar, das ihn aufnahm. Sie gaben ihm einen Schluck Wodka und eine Schüssel Borschtsch. Noch war der Weg für Yurin aber nicht zu Ende, auch Ryabtske war unter russischer Kontrolle. Yurin konnte aber mit einem Minivan mitfahren, der Richtung Berdjansk fuhr, eine Hafenstadt, die ebenfalls von den Russen besetzt ist.

Er sagte, die Soldaten am Kontrollpunkt im Ukraine-Krieg hätten ihn ignoriert. «Sie waren nur 17 oder 18 Jahre alt», erinnert er sich. Von Berdjansk aus gelang ihm schliesslich die Einreise in das von der Ukraine verwaltete Gebiet.

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