Am Anfang stand der Glascontainer. Inzwischen sollen die Bundesbürger vielerorts Hausmüll, Papier, Plastik, Biomüll und Blech getrennt sortieren. Doch die Recycling-Quote ist laut Branche keineswegs gestiegen. Woran liegt's?
Tonnen für Hausmüll. Das Recycling stagniert in Deutschland. Foto: Jens Wolf/dpa-Zentralbild/dpa
Tonnen für Hausmüll. Das Recycling stagniert in Deutschland. Foto: Jens Wolf/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Das Recycling in Deutschland stagniert ungeachtet ehrgeiziger politischer Wunschvorstellungen.

Der Einsatz von «Sekundärrohstoffen» in der deutschen Wirtschaft hat laut dem neuen «Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft» seit Ende der 1980er Jahre keine Fortschritte mehr gemacht und verharrt bei einem Anteil von 12 bis 13 Prozent. Das beklagen die Autoren der am Dienstag in München veröffentlichten Untersuchung.

«Wir sehen an vielen Stellen, dass wir uns eigentlich nicht mehr weiterentwickeln, dass eigentlich nichts Grundlegendes passiert», sagte Jochen Hoffmeister, Partner des an dem Bericht massgeblich beteiligten Prognos-Instituts.

Dabei geht es keineswegs nur um den Abfall, der in Mülltonnen oder Glas- und Papiercontainern landet. Weit mehr als die Hälfte des jährlichen Abfalls in Deutschland stammt von Baustellen - in Form von Bauschutt und Abbruchtrümmern. 2017 - neuere Zahlen lagen für den Bericht noch nicht vor - wurden demnach 409 Millionen Tonnen Müll entsorgt, davon 221 Millionen Tonnen Bauabfälle. Die Bauindustrie verwendet wiederaufgearbeitete Abfälle aber selten als Baustoffe. «Es mangelt einfach an der Nachfrage nach Recycling-Baustoffen», sagte Eric Rehbock, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Sekundärrohstoffe (bvse).

Die EU hat 2015 die «Circular Economy» (Kreislaufwirtschaft)in Europa als Ziel ausgegeben. Demnach soll der Einsatz von Rohstoffen so gering wie möglich ausfallen und stattdessen so viel Abfall wie möglich wiederverwertet werden. Ausserhalb Deutschlands fällt die Bilanz laut Statusbericht jedoch häufig noch ungünstiger aus. «Im Vergleich zu den weiteren europäischen Ländern haben wir in Deutschland schon viel erreicht», sagte Hoffmeister.

Die Haushaltsabfälle machten in Deutschland 2017 mit 38 Millionen Tonnen nur einen vergleichsweise kleinen, aber stetig wachsenden Anteil aus. Der Rest der 409 Millionen Tonnen entsteht grossteils in der Industrie oder als Abraum beim Abbau von Bodenschätzen.

Der Anteil des vor allem wegen der Verschmutzung von Meeren, Flüssen und Grundwasser in Verruf geratenen Plastikmülls war im Jahr 2019 mit 6,3 Millionen Tonnen ebenfalls eher gering. Recycelt wurde davon ein knappes Drittel, gut 600.000 Tonnen wurden exportiert. «Ein ganz wichtiges Thema für das Kunststoffrecycling in der Zukunft liegt in der Verbesserung der Input-Qualität für die Recycling-Anlagen», sagte Hoffmeister. Das bezieht sich darauf, dass im Plastikmüll viele verschiedene Arten von Kunststoffen vermischt werden, nur wenige Arten jedoch sortenrein wiederaufgearbeitet werden können.

Die Recycling-Branche setzt sich naturgemäss für eine Erhöhung des Recycling-Anteils ein, doch scheitert dies bislang nach Einschätzung der Studienautoren nicht nur in der Bauindustrie an geringer Nachfrage. Deswegen fordern die Autoren eine politische Lösung: Die Einführung eines vorgeschriebenen Mindestanteils von Recycling-Werkstoffen in der Industrie.

Auftraggeber des Statusberichts waren insgesamt 15 Verbände und Unternehmen, zum grossen Teil aus der Recycling-Branche. Die Kreislaufwirtschaft hätte eigentlich grosses Thema auf der Münchner Umwelttechnikmesse Ifat werden sollen, die wegen der Corona-Pandemie jedoch ausfallen musste.

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