Parlament in Polen billigt Präsidentenwahl per Brief
Das Parlament in Warschau gibt grünes Licht für die Wahl des polnischen Präsidenten per Brief. Nach der Verschiebung steht das neue Datum noch nicht fest.

Das Wichtigste in Kürze
- Polen hat die Präsidentschaftswahl vom 10. Mai verschoben.
- Der neue Termin steht allerdings noch nicht fest.
- Die Wahl soll wegen der Corona-Pandemie als reine Briefwahl durchgeführt werden.
Nach der Einigung auf eine Verschiebung der Präsidentenwahl in Polen hat das Parlament am Donnerstag einer Änderung des Wahlrechts zugestimmt. Die Novelle der nationalkonservativen Regierungspartei PiS sieht vor, die Wahl des Staatsoberhaupts wegen der Coronavirus-Epidemie als reine Briefwahl abzuhalten. Über einen neuen Termin für die Wahl gab es vorerst keine Klarheit.
Vertreter der polnischen Opposition werteten es positiv, dass die Abstimmung nicht wie ursprünglich geplant am kommenden Sonntag stattfinden soll.

Um den Wahltermin hatte es in Polen grossen Streit gegeben. Die Opposition forderte eine Verschiebung bis zum Herbst, da die Schutzmassnahmen gegen die Coronavirus-Epidemie einen Wahlkampf unmöglich mache.
Die PiS beharrte zunächst auf dem 10. Mai und wollte das Datum retten, indem die Abstimmung ausschliesslich der Brief erfolgen sollte. Dazu war eine Änderung des Wahlrechts nötig – doch die wollte ein Teil der PiS-Fraktion nicht mittragen.
PiS findet juristisches Schlupfloch
Am Mittwochabend verständigten sich PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski und der ehemalige Vize-Ministerpräsident Jaroslaw Gowin auf eine Lösung. Weil es laut polnischer Verfassung schwierig wäre, den bereits festgelegten Wahltag zu verschieben, fanden sie ein juristisches Schlupfloch.
Die Wahl soll an diesem Tag einfach nicht stattfinden. Der Oberste Gerichtshof kann sie deshalb anschliessend für ungültig erklären. Danach soll die Parlamentspräsidentin ein neues Wahldatum festlegen.

Im Gegenzug gab nun die Gruppe der rebellischen PiS-Abgeordneten um Gowin ihren Widerstand gegen das sogenannte «Briefumschlag-Gesetz» auf. Sie stimmte im Parlament in Warschau dafür. «Gestern haben wir eine Lösung ausgearbeitet, die gut für Polen ist. Sie garantiert sichere, vollkommen demokratische und transparente Wahlen», sagte Gowin.
Die Präsidentenwahl werde nicht mehr im Mai stattfinden, sondern zu einem späteren Zeitpunkt. Damit könne sich auch die Regierung wieder auf den Kampf um das Leben und die Gesundheit der Polen kümmern. Auch die Wiederbelebung der polnischen Wirtschaft nach dem Lockdown könne angegangen werden.
Vertreter der Opposition begrüssten zwar die Tatsache, dass die Wahl nun verschoben wird. Sie kritisierten aber die Art und Weise, wie die Lösung gefunden wurde.
EU will Organisation der Abstimmung weiter verfolgen
«Nicht das Verfassungsgericht, nicht die parlamentarische Mehrheit, nicht die Wahlkommission entscheiden, sondern nur der PiS-Vorsitzende Kaczynski.» Das sagte der Präsidentschaftskandidat vom Linksbündnis, Robert Biedron. Es zeige den «gesellschaftlichen Missstand» in Polen.
Die PiS habe ihren Fehler eingesehen, sagte der Bewerber der konservativen Bauernpartei PSL, Wladyslaw Kosiniak-Kamysz. «Die Regierung war nicht in der Lage, (die Wahl) abzuhalten. Sie muss sich dafür bei den Polen entschuldigen», so der Politiker.

EU-Justizkommissar Didier Reynders schrieb auf Twitter, er habe die Verlegung der Wahl registriert. Er sei erfreut über die Debatte, die es in Polen zu dem Thema gegeben habe. Die EU-Kommission werde die Organisation der Abstimmung weiter genau verfolgen.
Polen liegt wegen der umstrittenen Justizreformen der PiS seit Jahren überkreuz mit der EU-Kommission. Diese hat mehrere Verfahren vor dem EuGH gegen Warschau eingeleitet.