Mit ihrer geplanten Verschärfung der Asylgesetze begibt sich die britische Regierung auf einen umstrittenen Kurs.
Flüchtlinge in einem Schlauchboot.
Die britische Regierung will illegal ankommende Migranten direkt zurückschicken (Symbolbild). - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die britische Regierung verschärft ihr Asylgesetz deutlich.
  • Es seien «die Grenzen des internationalen Rechts ausgereizt worden».
  • Das gibt Innenministerin Suelle Braverman selbst zu.

Man werde «die Boote stoppen, die Zehntausende an unsere Küsten bringen», sagte die britische Innenministerin Suella Braverman, die das neue Gesetz am Dienstag ins Londoner Unterhaus einbrachte.

«Wir haben die Grenzen des internationalen Rechts ausgereizt, um diese Krise zu lösen», bekannte sie zuvor im Gespräch mit dem «Telegraph».

Konkret sollen fast alle auf illegalen Wegen ankommenden Migrantinnen und Migranten zunächst in Unterkünften wie früheren Militärbasen oder Studierendenheimen festgehalten und dann nach Ruanda oder in andere Staaten ausgewiesen werden. Das Recht, Asyl zu beantragen, soll ihnen entzogen werden. Die Pläne könnten gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstossen.

Politik der Abschreckung

«Sie werden erst dann aufhören, hierher zu kommen, wenn die Welt weiss, dass jeder, der illegal nach Grossbritannien einreist, verhaftet und schnell abgeschoben wird», sagte Braverman. Tatsächlich gibt es für Menschen, die ins Vereinigte Königreich flüchten, kaum legale Wege ins Land. Der «Times» zufolge rechnet die Regierung damit, dass der Plan vor Gericht landen könnte, wie das Blatt unter Berufung auf Regierungsquellen berichtete.

Mit Ruanda hat Grossbritannien bereits einen umstrittenen Pakt geschlossen und dem Land dafür 140 Millionen Pfund (derzeit rund 156 Millionen Euro) gezahlt. So sollen Migranten in Ruanda Asyl beantragen und – wenn es ihnen gewährt wird – dort leben können. Eine Rückkehr nach Grossbritannien ist nicht vorgesehen. Da der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einschritt, gab es bisher aber keine Abschiebeflüge von Grossbritannien nach Ruanda.

Opposition und Menschenrechtler reagierten empört: Grossbritannien verrate seine Verpflichtung im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention, Menschen unabhängig von ihrem Ankunftsweg eine faire Anhörung zu gewähren, kritisierte der britische Flüchtlingsrat. Der Chef der Labour-Partei, Keir Starmer, zweifelte an, dass die Pläne rechtlich überhaupt Bestand haben werden.

«Das Gesetz wird Menschen nicht davon abhalten, den Ärmelkanal zu überqueren. Es wird nur das Trauma der Menschen in diesen Booten vergrössern und Grossbritanniens Ruf weltweit schädigen», sagte Laura Kyrke-Smith von der Rettungsorganisation International Rescue Committee UK.

Bis das Gesetz tatsächlich in Kraft tritt, könnten Monate vergehen. Es wird mit Widerstand im Oberhaus gerechnet, was ein «Ping-Pong» zwischen beiden Kammern auslösen könnte.

In diesem Jahr sind der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge bisher fast 3000 Migranten über den Ärmelkanal ins Land gekommen – 2022 waren es 45 755 und damit 60 Prozent mehr als im Vorjahr.

Der Anstieg ist der Regierung in London seit langem ein Dorn im Auge. Den Zuzug einzuschränken und die Kontrolle über die eigenen Grenzen zu erhalten, war eines der Kernversprechen des Brexits. Premierminister Rishi Sunak hat dies zu einer der Prioritäten seiner Politik erklärt.

Sunak will am Freitag den französischen Präsidenten Emmanuel Macron zu einem französisch-britischen Gipfel treffen. Auf britischer Seite besteht die Hoffnung, auch durch stärkere Kontrollen auf französischer Seite, die Überfahrt von Schutzsuchenden zu verhindern.

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