Brexit

Künstler fordern Einigung auf Visaregeln nach Brexit

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Grossbritannien,

Vor allem in der Wirtschaft macht sich der Brexit bemerkbar. Doch im Schatten der Handelsrouten stossen auch andere Branchen an bisher unbekannte Grenzen. Auch Kunstschaffende benötigen neuerdings ein Visum - das hat schwere Folgen.

Der renommierte britische Pianist Julius Drake hat die neuen Brexit-Visaregeln für Kunstschaffende als Albtraumszenario kritisiert. Foto: Marco Borggreve/privat/dpa
Der renommierte britische Pianist Julius Drake hat die neuen Brexit-Visaregeln für Kunstschaffende als Albtraumszenario kritisiert. Foto: Marco Borggreve/privat/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Wegen neuer Visaregeln für Künstler nach dem Brexit fordern Musiker und Konzertveranstalter eine schnelle Einigung zwischen Grossbritannien und der EU.

Die zusätzlichen Bürokratiekosten könnten Karrieren zerstören, sagte der Chef des Branchenverbandes UK Music, Jamie Njoku-Goodwin.

Für britische Musiker seien Touren durch die EU besonders wichtig, zudem könne das Kulturleben in Grossbritannien Schaden nehmen. «Es ist eine Lose-Lose-Situation für beide Seiten.»

Monatelange Tourneen, aber auch Gastauftritte und Festival-Teilnahmen sind nach dem Brexit schwieriger geworden. Um sich länger in der EU aufzuhalten und dort zu arbeiten, sind für Briten nun spezielle Erlaubnisse notwendig und umgekehrt. Das gilt sogar für das musikalische Equipment und bedeutet insgesamt bürokratischen und finanziellen Aufwand. Die Briten und die EU schieben sich gegenseitig die Schuld dafür in die Schuhe, keine grosszügigeren Regeln gefunden zu haben.

Das Handelsabkommen, das Grossbritannien mit der EU vereinbart hat, erlaubt EU-Bürgern zwar einen visumsfreien Arbeitsaufenthalt von bis zu sechs Monaten im Vereinigten Königreich. Sie dürfen allerdings nicht als Selbstständige arbeiten, auch nicht kostenlos, und keine Dinge verkaufen wie etwa Merchandise. Hinzu kommen Hunderte Pfund für die Krankenversicherung. «Es würde 1800 Pfund (2000 Euro) Visagebühren kosten, um eine sechsköpfige Band zum Parklife-Festival zu bringen», sagte der Mitgründer der Veranstaltung, Sacha Lord, Anfang Januar einem Parlamentsausschuss in London. Dazu kommen Kosten für Zollerklärungen, etwa für wertvolle Instrumente.

Es handele sich um ein Alptraumszenario, sagte der renommierte Pianist Julius Drake der dpa. «Niemand kann seinen Lebensunterhalt nur in Grossbritannien verdienen.» Es gebe zu wenige Auftrittsmöglichkeiten. «Wenn man nicht reisen kann, stirbt die internationale Karriere.» Und auch der britischen Kulturlandschaft drohe ein Einbruch. «Ich kann mir keine Welt vorstellen, in der in Grossbritannien nur britische Künstler zu sehen sind», sagte Drake. «Wenn in London nicht die besten Talente aus dem Ausland auftreten können, wird London musikalisch verarmen.»

In einer Petition fordern britische Musikerinnen und Musiker wie Laura Marling, Dua Lipa und die Band Biffy Clyro eine «freie kulturelle Arbeitserlaubnis», die Tourneen in EU-Ländern ermöglicht. Bisher haben bereits mehr als 260 000 Menschen unterschrieben.

Derzeit herrsche grosse Verwirrung, sagte der weltbekannte Opernsänger Ian Bostridge der dpa. Am schwersten betroffen seien Ensembles und Orchester, vor allem solche, die von Tourneen lebten und keinen festen Standort hätten. Bostridge betonte, die Künstlergemeinschaft müsse auf die Politik einwirken. «Wir dürfen nicht in Depression versinken», sagte der Tenor. «Wir sind enge Nachbarn, wir teilen dieselbe Kultur. Es ist lächerlich, dass es einfacher sein soll, in Russland aufzutreten als in Teilen der EU

Die Musikbranche mit rund 200 000 Jobs ist ein wichtiger Industriezweig in Grossbritannien, der Milliarden zur Wirtschaftsleistung beiträgt. Der Musiktourismus ist eine wichtige Einnahmequelle. «Die Branche ist wichtiger als die Fischerei», sagte Pianist Drake mit Blick auf die langwierigen Brexit-Verhandlungen über Fischereirechte.

Bis zur Corona-Pandemie verzeichnete die britische Musikindustrie zweistellige Wachstumsraten. «2020 war ein katastrophales Jahr für Musiker in aller Welt», sagte Njoku-Goodwin. «Es muss sichergestellt werden, dass Tourneen stattfinden können. Gerade nach der Pandemie wird es ein grosses Bedürfnis nach Musik geben.» Die britische Szene wolle so enge kulturelle Verbindungen mit der EU haben wie möglich. «Musik kann dabei helfen, Länder einander näher zu bringen», sagte Njoku-Goodwin.

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