Schmutzige Luft und zu viel Lärm machen viele Menschen krank. Auch die Natur ist bedroht. Die EU-Kommission will gegensteuern und setzt sich konkrete Ziele. Kritik lässt nicht lange auf sich warten.
Luftverschmutzung
Luftverschmutzung richtet laut der EU gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden im Umfang von 330 bis 940 Milliarden Euro jährlich an. Foto: Christian Thiele/dpa - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Umwelt ohne Gift: Strengere EU-Vorgaben sollen die Schadstoffe in Luft, Wasser und Boden bis 2050 so weit senken, dass sie Mensch und Natur nicht mehr schaden.

Schon bis 2030 soll dies Hunderttausende vorzeitige Todesfälle abwenden, die jährlich der Luftverschmutzung zugeschrieben werden. Die EU-Kommission legte am Mittwoch den Aktionsplan «Null Schadstoffe» vor. Den Grünen ist der zu wenig konkret. Die Autoindustrie mahnt indes zu Augenmass.

Der Aktionsplan sei «wichtig, weil Umweltverschmutzung in der EU heute zu einem von acht Todesfällen führt», sagte Kommissionsvize Frans Timmermans. «Gefährlicher Krebs, Atemwegserkrankungen, all das steht in Verbindung mit Verschmutzung, und die Verwundbarsten der Gesellschaft leiden wie immer am meisten.» Eine Million Tier- und Pflanzenarten auf dem Planeten seien zudem in Gefahr auszusterben.

Mit geplanten Gegenmassnahmen bis 2024 könnten auf Industrie und Verbraucher neue Kosten zukommen. Diese seien jedoch geringer als Nichtstun, sagte EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius. Laut EU-Kommission werden etwa die Kosten für Luftreinhaltung auf 70 bis 80 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Luftverschmutzung richte jedoch gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden im Umfang von 330 bis 940 Milliarden Euro jährlich an.

Die EU schätzt allein die Zahl vorzeitiger Todesfälle durch Luftschadstoffe auf jährlich 400.000. Diese Zahl soll bis 2030 um mehr als 55 Prozent gesenkt werden, wie es im Aktionsplan heisst. Dafür will die Kommission die EU-Standards für Luftqualität verschärfen und sich dabei an neuen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO ausrichten. Allerdings soll erst 2022 ein konkreter Vorschlag kommen.

Die Grünen im Europaparlament kritisierten, dass die neuen WHO-Empfehlungen nur annäherungsweise und nicht vollständig umgesetzt werden sollten. Der CDU-Europaabgeordnete Norbert Lins lobte hingegen genau dies. «"Null Verschmutzung" ist ein ehrenwertes, aber technisch schwieriges Ziel», sagte Lins.

Die EU-Kommission plant insgesamt strengere Anforderungen an Landwirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude und Energieerzeugung, um Schadstoffe an der Quelle einzudämmen. Für Autos ist bereits eine neue Schadstoff-Norm Euro 7 angekündigt. In der Landwirtschaft geht es um Ammoniak, der in Form von Gülle als Dünger eingesetzt wird. Dies sei ein bedeutender Vorläufer von Feinstaub. Am billigsten sei die Vermeidung durch Veränderungen in der Ernährung der Tiere sowie im Umgang mit Gülle und Dünger.

Weitere Etappenziele im Aktionsplan bis 2030: Der Anteil von Menschen, die ständig unter Verkehrslärm leiden, soll um 30 Prozent sinken. In 25 Prozent weniger Ökosystemen in der EU soll Luftverschmutzung die Artenvielfalt gefährden. Um 50 Prozent sollen Nutzung und Risiko durch chemische Pestizide sinken, ebenfalls um 50 Prozent die Plastikverschmutzung im Meer sowie um 30 Prozent die Menge an Mikroplastik, die in die Umwelt gelangt. Hausmüll soll ebenfalls um die Hälfte schwinden.

Die Ziele seien so gesteckt, dass sie mit den bis 2024 anvisierten Massnahmen realistisch erreichbar seien, sagte Sinkevicius. Dabei setzt die Kommission auch auf neue digitale Technik wie Präzisionslandwirtschaft zur Minimierung von Dünger, Wasser und Pflanzenschutzmitteln. Der EU-Landwirtschaftsverband (Copa-Cogeca) begrüsste den Aktionsplan am Donnerstag grundlegend, warnte jedoch vor möglicherweise stärkeren bürokratischen Anforderungen.

Der Verband der Automobilindustrie kommentierte: «Die Vision der Zero Pollution ist ein erstrebenswertes Ziel.» Die Autobauer hätten bereits zur Senkung der Luftbelastung beigetragen und unterstützten weitere Verbesserungen. Neue Zielvorgaben müssten aber verhältnismässig bleiben, auch bei der geplanten Abgasnorm Euro 7.

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