EU-Gutachten: Kein zeitliches Limit für Grenzkontrollen bei Gefahr
Die jeweilige Verlängerung von Grenzkontrollen in der EU über die Sechs-Monats-Frist hinaus ist nach Ansicht eines Gutachters rechtmässig.

Das Wichtigste in Kürze
- Ernsthafte Bedrohungen der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit seien nicht notwendigerweise zeitlich begrenzt, argumentierte der Generalanwalt des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), Henrik Saugmandsgaard Øe, in seinem am Mittwoch veröffentlichten Schlussgutachten.
Eine Verlängerung der Kontrollen unterliege allerdings besonders strengen Kriterien, hiess es. So muss nach Ansicht des Generalanwaltes die EU-Kommission jedes Mal eingehend prüfen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind. Konkret bezog sich der Jurist in seinem Gutachten auf die in der Flüchtlingskrise 2015 von Österreich eingeführten Grenzkontrollen zu Slowenien. (Rechtssachen C-368/20 und C-369/20)
Eigentlich gibt es im Schengen-Raum, dem 26 europäische Länder - darunter auch die Schweiz - angehören, keine Personenkontrollen an den Grenzen. Nach der Flüchtlingskrise hatten aber Länder wie Österreich, Deutschland, Dänemark und Schweden solche Kontrollen teils wieder eingeführt. Einige Staaten, darunter Österreich, haben die Massnahmen bis dato halbjährlich verlängert.
Anlass des Gutachtens war der Fall eines Slowenen, der sich an der Grenze zu Österreich zweimal geweigert hatte, seinen Pass zu zeigen. Er erhielt dafür eine Geldstrafe von 36 Euro. Der EuGH-Generalanwalt kam nun zu dem Schluss, die Verhängung der Strafe verstosse nicht gegen das Unionsrecht. Das Gutachten ist für die EuGH-Richter nicht bindend. In den meisten Fällen folgen die Richter jedoch der Empfehlung des Generalanwalts.